Unter eine Wolkenimpfung versteht man eine Art der Wetterbeeinflussung durch das Versprühen eines chemischen Gemisches mit einem entsprechenden Flugzeug in den Wolken oder einem Beschuss dieser mittels einer Rakete. Damit wird versucht, den Hagel im Rahmen eines Gewitters zu minimieren oder bestenfalls gänzlich zu unterbinden. Nutznießer einer erfolgreichen Wolkenimpfung sind beispielsweise Landwirte, aber auch die Industrie.
Wie entsteht Hagel und wie kann man ihn mit einer Wolkenimpfung verhindern bzw. minimieren?
Hagelkörner beginnen zu entstehen, wenn Wassertröpfchen innerhalb einer Gewitterzelle durch Aufwinde in höhere Luftschichten transportiert werden. In diesen höheren Schichten herrscht eine niedrigere Temperatur, wodurch die ursprünglichen Wassertröpfchen zu gefrieren beginnen und somit zu kleinen Hagelkörnern werden. Durch starke Auf- und Abwinde innerhalb des Gewitters können Hagelkörner diesen Zyklus mehrmals durchlaufen und werden dadurch immer größer und schwerer, indem sich bei jedem Durchlauf eine weitere Schicht um das Hagelkorn bildet. Neben dem Bestehen von Auf- und Abwinden sowie der niedrigen Temperatur ist auch noch Folgendes für die Entstehung und Vergrößerung eines Hagelkorns notwendig: ein sogenannter Kondensationskern. Der Kondensationskern bzw. Kristallisationskeim ist jener Teil des Hagelkorns, an dem die Wassertropfen haften bleiben und in weiterer Folge gefrieren. Besonders gut eignen sich Eispartikel für die Bildung eines Kondensationskerns, aber auch Pollen, Staub oder Rußpartikel.
Und genau diesen Fakt versucht man sich mit der Wolkenimpfung zunutze zu machen. Mittels Flugzeuge mit speziell ausgerüsteten Fackeln bzw.
Generatoren wird ein Silberiodid-Aceton-Gemisch in die Wolken transportiert und dort freigesetzt. Sozusagen wird die Wolke mit dem Silberiodid-Aceton-Gemisch geimpft. Eine Alternative stellen Hagelraketen dar, welche vom Boden aus abgefeuert werden und die Wolken entsprechend von unten impfen. Das Prinzip ist dennoch dasselbe.
Die Verwendung des „Impfstoffs“ fällt auf chemische Verbindung Silberiodid, da dieses eine sehr ähnliche Gitterstruktur wie Eispartikel haben und sich somit sehr gut als Kondensationskern eignet. Durch die Einbringung dieser zusätzlichen Kondensationskerne können sich die Wassertröpfchen innerhalb der Gewitterzelle auf mehrere Kondensationskerne verteilen, wodurch weniger große und gefährliche Hagelkörner entstehen, sondern viele kleinere. Gleichzeitig soll das Versprühen auch zu einer Bildung von größeren Regentropfen führen, welche als Folge ihres höheren Gewichts früher abregnen und somit eine Hagelbildung durch den fehlenden Transport der Regentropfen in die höheren und kälteren Luftschichten gänzlich verhindert wird.
Alternative Methoden zur Wolkenimpfung
Neben den beschriebenen Methoden der Wolkenimpfung mittels Flugzeug sowie Beschuss mittels Hagelkanone gibt und gab es auch noch einige weitere Methoden zur Wettersteuerung. Im Altertum warnten offizielle Hagelwächter vor aufziehenden Gewittern und versuchten durch verschiedenste Opfergaben die Götter zu besänftigen. Im Christentum versuchte man sich durch Gebete oder der Abhaltung von Heiligen Messen von Hagel und Unwettern zu schützen, da man davon ausging, dass Dämonen für die Entstehung von Hagel verantwortlich sind. Auch das Opfern von Tieren an Klöster sowie das Errichten von Hagelkreuzen war verbreitet.
Später versuchte man Wolken mittels Schallwellen zu impfen, um sich so vor Hagel zu schützen. Mit dem sogenannten „Wetterläuten“ sollte durch das Läuten der Kirchenglocken das Gewitter durch die erzeugten Schallwellen vertrieben werden. Gleichzeitig warnte man damit die Bevölkerung vor der anbahnenden Gefahr. In weiteren Teilen Europas ging man auch mittels Raketen und Kanonen gegen Hagel und Gewitter vor. Zuerst nur in Form von Lärm, später wurden jedoch damit auch Rußpartikel verschossen, womit sich diese Methode, der heute üblichen sehr ähnelt und die Rußpartikel als Kondensationskeime dienten.
Wem nutzt die Wolkenimpfung?
Großen Nutzen aus der Wolkenimpfung erhofft sich vor allem die Landwirtschaft. Neben der Verhinderung von Hagelschäden durch große Hagelkörner soll mit der Wolkenimpfung auch das gezielte Abregnen in niederschlagsarmen Regionen gesteuert werden.
Die Industrie, allen voran die Automobilindustrie, versucht mit der Wolkenimpfung Neufahrzeuge vor Hagelschäden zu schützen, aber auch Flughäfen möchten damit das Wetter im Umfeld gewissermaßen stabilisieren.
Ein weiterer Anwendungsfall von Wolkenimpfungen bzw. Wetterbeeinflussung stellen Großereignisse dar. Somit hat beispielsweise China die Wolken zur Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele 2008 im Umkreis geimpft, damit diese vor Regen verschont blieb.
Wie effektiv ist die Wolkenimpfung?
Über den Wirkungsgrad von Wolkenimpfungen gibt es keine eindeutige wissenschaftliche Datenlage bzw. konnte dieser bis dato nicht eindeutig nachgewiesen werden. Erschwerend für die Beweislage ist, dass sich Gewitterzellen sehr dynamisch und unvorhersehbar verhalten und sich somit die Zielerreichung nur sehr schwer messen lässt. Des Weiteren sind Gewitterzellen oftmals sehr groß, wofür für eine effektive Wolkenimpfung zur Verhinderung von Unwetterschäden eine Vielzahl von Flugzeugen bzw. Kanonen sowie eine große Menge an Silberiodid-Aceton-Gemisch benötigt werden würde. Der Betrieb der Flugzeuge sowie das Durchführen der Wolkenimpfung ist sehr kostenintensiv, wodurch der Einsatz auch mangels der wissenschaftlich nachgewiesenen Wirkung nur beschränkt erfolgt.
Ist die Wolkenimpfung gefährlich?
Über die Folgen der Wolkenimpfung gibt es bis dato keine eindeutigen wissenschaftlichen Beweise. Silberiodid wird zwar als Umweltgift geführt, man vermutet jedoch, dass die ausgebrachte Menge aufgrund des starken Verdünnungseffekts unbedenklich sei. Belege für die Auswirkungen auf Mensch, Tier und Umwelt, vor allem für den Boden und das Wasser, über welche das Silberiodid in den Nahrungskreislauf gelangen kann, sind noch nicht vorhanden.
Seit 1978 ist jedenfalls der Einsatz von Wettermanipulation in jeglicher Form für militärische Zwecke oder zur Kriegsführung durch die UN-Konvention untersagt, welche 77 Staaten unterzeichnet haben.
Auch im zivilen Bereich können Interessenskonflikte über den Einsatz der Wolkenimpfung entstehen, etwa wenn die Automobilindustrie die Impfung zur Regenverhinderung einsetzt, gleichzeitig Landwirte in der betroffenen Region den Regen zur Bewässerung benötigt.