Bei der Intellektualisierung geht es um die Überbetonung des Verstandes beim Menschen. Dies bedeutet, dass Gefühle und Emotionen auf Rationalität und Logik reduziert werden.
Was ist das Intellektualisieren von Gefühlen? Erklärung, Bedeutung, Definition, Psychologie
Grob gesagt handelt es sich bei der Intellektualisierung um eine psychoanalytische Theorie, bei der in der Entwicklungsphase von Kindern ein typischer Abwehrmechanismus geschaffen wird. Dieser Reifungsprozess soll eine einfache Einstellung zur Abwehr von sexuellen und aggressiven Impulsen herstellen. Insbesondere Jugendliche beschäftigen sich mit Themen wie Sexualität, Liebe und dem Sinn des Lebens und versuchen so, ihre aktuellen Triebkonflikte zu bewältigen.
Dabei nutzen nicht nur Kinder und Jugendliche diesen Abwehrmechanismus, sondern jeder Mensch. Hier geht es um psychische Prozesse, um mit unerwünschten Emotionen und Empfindungen umgehen zu können. So kann die mentale Balance wiederhergestellt werden. Im Leben werden die Menschen häufig mit den verschiedensten Abwehrmechanismen konfrontiert. Die Kunst liegt jedoch darin, das zugrunde liegende Problem nachhaltig zu lösen. Nachfolgend werden drei typische Szenarien für einen Abwehrmechanismus vorgestellt:
Angenommen, man lässt seinen Schal versehentlich im Bus liegen. Anstatt sich darüber zu ärgern, denken die meisten Menschen „Nicht so schlimm; der war eh schon alt und entsprach nicht mehr ganz meinem Geschmack.“ Eine andere Situation gibt es im Job. Angenommen, man ärgert sich über den Chef. Anstatt ihn mit den Konflikten zu konfrontieren, lässt man abends seinen Frust am Mitbewohner aus. Vielleicht haben einige im Jugendalter auch gerne mit dem Feuer gespielt, weshalb man sich heute in der Freiwilligen Feuerwehr engagiert.
Alle diese drei Szenarien entsprechen den psychischen Abwehrmechanismen von Verschiebung, Rationalisierung und Sublimierung. Jeder kennt sie und jeder nutzt diese Abwehrmechanismen, damit Stress und negative Emotionen vermieden werden. Was auf den ersten Blick nützlich für das mentale Wohlbefinden erscheint, kann jedoch im übermäßigen Gebrauch schädlich wirken. Hintergrund ist, dass man davon abgehalten wird, sich unbequemen und den wahren Emotionen zu stellen. Dieser Prozess ist aber unabdingbar für ein authentisches Leben und für entsprechende Zufriedenheitsgefühle. Doch was genau ist ein Abwehrmechanismus und wie ist es möglich, auf eine reifere Art mit solch negativen Emotionen und Gefühlen umzugehen?
Abwehrmechanismen
Erstmals wurde der Begriff „Abwehrmechanismus“ im Rahmen der Psychoanalyse von Sigmund Freud geprägt. Der Begriff steht für psychische Vorgänge, mit denen wir zwischenmenschliche oder innerpsychische Konflikte regulieren, damit wir emotional entlastet werden. Dies ist oftmals ein ganz unbewusster Prozess, denn unsere Psyche möchte uns vor schmerzhaften Gefühlen schützen. Dies bedeutet, dass uns unser Bewusstsein eine bestimmte Situation „alternativ“ handhaben oder wahrnehmen lässt. Einige Abwehrmechanismen wie beispielsweise Verleugnung werden von Freud als eher unreif betrachtet. Ein Abwehrmechanismus, wie etwa Sublimierung, bringt den Menschen intellektuell auf eine höhere Stufe. Dies kann auf eine gut entwickelte und reife Persönlichkeit hindeuten.
Belegt ist allerdings, dass jeder Mensch solche Abwehrmechanismen nutzt. Sie sind ein Ventil für negative Gefühle wie Minderwertigkeitskomplexe, Ärger, Scham, Trauer und Schuld. Je nachdem, welcher Persönlichkeitstyp man ist, nutzt man auch andere Abwehrmechanismen. Beispielsweise wird ein Optimist sich oftmals mithilfe von Rationalisierung die Wahrheit „schönreden“. Als Beispiel kann hier das erwähnte Szenario mit dem vergessenen Schal genommen werden. Ein anderer Mensch wiederum, der sehr streng mit sich ist, neigt vielleicht eher dazu, unerwünschte Impulse zu verdrängen.
Das Problem hierbei ist allerdings, dass, je mehr man sich in solche Kompensationen verstrickt, das Ursprungsproblem jedoch nicht gelöst wird. In einigen Fällen kann dies sogar noch verstärkt werden. Dies bedeutet, dass nur, wenn wir uns den negativen Gefühlen auch stellen, der Sache auf den Grund gehen und daran wachsen und Heilung erfahren können. Oftmals verbirgt sich nämlich ein Muster dahinter, welches schon in der Kindheit entstanden ist. So hat man sich als Kind geschützt, um mit schmerzhaften Erfahrungen besser umgehen zu können. Allerdings bieten Abwehrmechanismen nur temporäre und oberflächliche Linderung.
Wie viele Abwehrmechanismen gibt es und wie können sie reduziert werden?
Es existieren – je nach Einordnung – knapp 20 verschiedene Abwehrmechanismen. Diese können sich in vielfältigen und teilweise konträren Verhaltensweisen auf unterschiedlichen Ebenen äußern. Nachfolgend werden die wichtigsten Abwehrmechanismen aufgezeigt, wobei auf die Intellektualisierung am Ende nochmals näher eingegangen wird.
Folgende Abwehrmechanismen gibt es:
- Projektion
- Sublimierung
- Affektisolierung
- Kompensation
- Verdrängung
- Verleugnung
- Rationalisierung
- Identifikation
- Verschiebung
- Somatisierung und Konversion
- Idealisierung
- Abwertung
- Reaktionsbildung
Nun betrachten wir uns die Intellektualisierung einmal genauer. Bei der Intellektualisierung nehmen die Menschen eine abstrakte, theoretische „Forscherperspektive“ ein. Hierbei distanzieren sie sich von realen Situationen beziehungsweise von ihren Gefühlen. Ein Beispiel: Die Ehefrau möchte mit ihrem Ehemann über konkrete Probleme in der Ehe sprechen.
Anstatt sich des eigentlichen Problems anzunehmen, reagiert der Ehemann eher sehr oberflächlich und argumentiert mit allgemeinen Theorien aus der Liebe. Dies hat zur Folge, dass keine praktikable Lösung gefunden werden kann. Des Weiteren erweckt es für die Ehefrau den Anschein, als säße sie in einer Vorlesung, da ihr Partner scheinbar emotionslos reagiert. Eine andere Sonderform der Intellektualisierung ist, ein angespanntes Verhältnis mit einem Arbeitskollegen zu „pathologisieren“. Anstatt das Verhältnis mit dem Arbeitskollegen konstruktiver zu gestalten, wird der Konflikt auf eine psychologische Ebene gehoben, indem er dem Kollegen eine narzisstische Persönlichkeitsstörung unterstellt. Hierbei wird nun also von „Pathologisieren“ gesprochen, da ein Krankheitsbild dargestellt wird.
Wie kann in solchen Situationen jedoch reifer reagiert werden? Oftmals kommt die Intellektualisierung bei solchen Menschen vor, die von Grund auf eine spezielle wissenschaftlich-philosophische Ader haben. Jene Menschen denken oftmals über mögliche Gründe nach, wieso ein Mensch sich in bestimmten Situationen gerade so verhält. Somit sind also die Grenzen zwischen einer theoretischen Einordnung eines Szenarios aus reinem Interesse und die Abspaltung der eigenen Gefühle durch intellektuelle Betrachtung fließend. Doch wie lässt sich dieser Abwehrmechanismus verhindern?
Da hilft nur, sich regelmäßig daran zu erinnern, dass man sich den menschlichen Emotionen auch annehmen muss, um sich weiterentwickeln zu können. Es muss nicht immer zwingend alles auf eine wissenschaftliche Weise eingeordnet oder gelabelt werden.
Bei der Intellektualisierung geht es um einen bewussten Akt, Emotionen auszublenden. Hierbei soll verhindert werden, sich mit verschiedenen Ängsten aus Situationen heraus oder Stress auseinandersetzen zu müssen. Es wird sich nur noch auf die Fakten konzentriert und man entfernt sich emotional von dem eigentlichen Problem.
Wann ist Intellektualisierung noch gesund?
Nicht ganz zu verleugnen ist es natürlich, dass in manchen Situationen eine Intellektualisierung hilfreich sein kann. Hierbei muss man nur einmal auf die Arbeit von Chirurgen, Polizei, Rettungssanitätern und Wissenschaftlern schauen. Es wäre fatal, wenn bei einem Rettungssanitäter während der Behandlung eines Patienten, der sich in Lebensgefahr befindet, Gefühle aufkommen. Hier muss ein Rettungssanitäter in der Lage sein, methodisch, ruhig und emotionslos zu bleiben und dementsprechend zu arbeiten, damit er sein bestes Ergebnis erzielen kann.
Ab wann wird eine Intellektualisierung ungesund?
Ungesund wird es dann, wenn man ständig seine Gefühle unterdrückt. Das alleinige Unterdrücken oder Blockieren von Emotionen lässt das Problem nicht verschwinden; es wird lediglich weiter weggeschoben. Findet dieser Prozess zu lange statt, wächst und eitert das Problem.
Irgendwann werden diese Gefühle und unterdrückten Emotionen wieder hervorkommen. Dann können sie womöglich nicht mehr auf eine gesunde Art und Weise kontrolliert werden. Dann läuft man Gefahr, dass man gegenüber seinen Kindern oder seinem Partner handgreiflich wird, weil nie die Chance bestanden hat, ein bestimmtes Kindheitstrauma zu lösen. Viele greifen auch auf Drogen zurück, um mit ihren Gefühlen umgehen zu können. Bei Emotionen handelt es sich nicht um Dinge, die „repariert“ werden müssen. Vielmehr handelt es sich um Dinge, die erlebt, durchlebt, verstanden und bewältigt werden müssen. Erst, wenn das geschafft ist, kann erkannt werden, dass man auf der anderen Seite wieder herauskommt.