Mit dem Begriff des Kevinismus, der synonym mit dem Begriff des Chantalismus verwendet wird, handelt es sich um ein psychologisches Phänomen, dessen Auftreten besonders in bestimmten Gesellschaftsschichten beschrieben wird. Das Phänomen ist keinesfalls neu, sondern bereits seit der spätmittelalterlichen Phase belegt.
Was ist der Chantalismus / Kevinismus? Bedeutung, Definition, Erklärung
Ist von Kevinismus die Rede, wird das konkrete psychologische Phänomen beschrieben, dass speziell Eltern aus gesellschaftlich bildungsfernen Schichten ihren Kindern Vornamen aus der anglo-amerikanischen Kultur geben. In der Vergangenheit ist umfänglich nach den Gründen geforscht worden, weshalb der sogenannte Kevinismus gerade in gesellschaftlich bildungsfernen Schichten zu finden ist. In psychologischen und soziologischen Studien konnte schließlich nachgewiesen werden, dass sich das beschriebene Phänomen aufgrund mehrerer Faktoren besonders in der bildungsfernen Gesellschaft finden lässt:
Kevinismus – welche Gründe gibt es für das Phänomen?
Versucht man den Kevinismus zu erklären, sind zwei Faktoren von besonderer Bedeutung: Zum einen sind der Faktor Wohlstand und zum anderen die kulturelle Nähe von Bedeutung für die Entstehung des beschriebenen gesellschaftlichen Phänomens.
Die Vergebung von Namen hat bei den Eltern etwas mit Wertschätzung und Anerkennung zu tun. Eltern in bildungsfernen Milieus gefallen besonders diejenigen Namen, die aus einem kulturell und historisch bekannten Segment stammen und die ihnen zudem aus den unterhaltenden, oft populärkulturellen Medien bekannt sind.
Dabei konnte nachgewiesen werden, dass Eltern aus bildungsfernen Schichten ihren Kindern insbesondere Namen von denjenigen Personen geben, die in den Medien als erfolgreich und in Wohlstand lebend präsentiert werden. Bei den Eltern spielt der Wunsch nach einem sozialen Aufstieg ihrer Kinder in erfolgreiche, wohlständige Gesellschaftsschichten bei der Namensgebung eine wesentliche Rolle.
Das heute als Kevinismus beschriebene Phänomen, ist in ähnlicher Form bereits aus der spätmittelalterlichen Kultur bekannt. Bildungsferne Schichten griffen bei der Namensgebung für ihre Kinder beispielsweise auf die Vornamen von erfolgreichen Protagonisten aus populärkulturellen Balladen, Gedichten oder Liedern zurück.
Abgrenzungsbedürfnis in der Oberschicht
Der Kevinismus wird indirekt durch das Bedürfnis nach Abgrenzung in der Oberschicht verstärkt. So wählen Eltern aus den elitären Gesellschaftsbereichen insbesondere lokale, zum Teil als klassisch geltende Namen für ihre Kinder, die häufig auf eine familiäre Tradition zurückgehen.
Auch der zweite Vorname wird insbesondere in den elitären Milieus wieder beliebter und ist ebenfalls dem Bedürfnis nach Abgrenzung elitärer Gesellschaftsschichten zuzuschreiben.
Der Kevinismus ist heute im Kontext der Bildungsforschung und weiterer fachübergreifender soziologischer und psychologischer Studien von großem Interesse. Unbestritten ist nämlich bisweilen, dass die Wahl des Vornamens für das Kind richtungsweisend für das spätere Leben sein kann.
Diesbezüglich wurde in voneinander unabhängigen Studien dargelegt, dass der Kevinismus einer von mehreren Faktoren für die Entstehung von ungleichen Bildungschancen sein kann.
Mit anderen Worten: Bereits die Wahl des Namens kann den nachhaltigen Bildungserfolg eines jungen Menschen beeinflussen, den gesellschaftlichen Alltag prägen bzw. im späteren Verlauf des Lebens die Wahl des sozial prägenden Umfelds beeinflussen und nicht zuletzt auch die Wahrscheinlichkeit eines sozialen Aufstiegs beeinflussen.
Bestimmte Vornamen rufen Vorurteile hervor
Im Rahmen eines Forschungsanliegens im Zusammenhang mit dem Kevinismus sind Lehrkräfte im Rahmen einer qualitativen Analyse nach ihren Attributionen zu bestimmten Vornamen befragt worden.
Die Befragung ergab, dass ausgewählte Vornamen tatsächlich das Potential haben, negativ konnotierte Vorurteile hervorzurufen. Konkret hat sich gezeigt, dass einige Vornamen der Lernenden von den Lehrkräften positiv wahrgenommen werden, während anderen Vornamen durch die Lehrkräfte überwiegend negative Charakteristiken zugeschrieben werden. Auffallend ist, dass nur eine Minderheit der befragten Lehrerinnen und Lehrer den teils unbewusst vorgenommenen Attributionen kritisch gegenüber eingestellt sind.
Namen wie Kevin, Justin oder Chantal werden mit Verhaltensauffälligkeiten in Verbindung gebracht
Dass das psychologische Phänomen des Kevinismus bzw. des Chantalismus auf den männlichen Vornamen Kevin bzw. auf den weiblichen Vornamen Chantal zurückgeht, kommt nicht von ungefähr:
In bildungsfernen Schichten galten lange Zeit die Namen Justin, Kevin, Chantal, Mandy und Maurice als präferierte Vornamen. Dass sich in Erhebungen bestätigte, dass Lehrkräfte gerade mit den soeben genannten Vornamen Verhaltensauffälligkeiten assoziieren, liegt dabei natürlich nicht an den Vornamen per se als vielmehr daran, dass in den bildungsfernen Milieus zum Teil andere Erziehungsstile vorherrschen, die von der elitären Gesellschaft kritisch hinterfragt werden und zu einem Verhalten der Heranwachsenden führen, das als sozial auffällig klassifiziert wird.
These um typische Unterschichtsnamen bleibt umstritten
Die These um die Existenz von besonderen Vornamen in der gesellschaftlichen Unterschicht bleibt dennoch umstritten. In der Psychologie weist man darauf hin, dass das Greifen nach besonderen, exotisch klingenden Namen den Wunsch nach einem besseren Leben spiegelt. Belegt und allgemein akzeptiert ist diese Auffassung bisweilen allerdings nicht.