Was bedeutet „subsidiär“? Erklärung, Bedeutung, Definition

Was bedeutet subsidiär, Erklärung, Bedeutung, Definition


Subsidiär bedeutet „unterstützend“. Damit sind dauerhafte und vorübergehende unterstützende Maßnahmen gemeint. Der Begriff leitet sich vom lateinischen subsidium (Hilfsmittel, Beistand) ab. Das Substantiv dazu ist Subsidiarität.

Beispielverwendungen von subsidiär

  • Die Garage war subsidiär die erste Produktionsstätte des Start-ups.
  • In einer Krise können Steuergelder subsidiär das Überleben von gesunden Unternehmen sichern.
  • Sollte einem Flüchtling in seinem Herkunftsland ernsthafter Schaden drohen, erhält er subsidiären Schutz, auch wenn sein Asylantrag abgelehnt wurde.

Was ist Subsidiarität? Erklärung, Bedeutung, Definition

Die Maxime der Subsidiarität zielt auf die Unterstützung von Individuen im Notfall bei Wahrung von deren Selbstbestimmung und Eigenverantwortung. Das davon abgeleitete Subsidiaritätsprinzip besagt, dass staatliche Institutionen dann regulativ eingreifen, wenn dies erforderlich ist. Die Unterstützung soll so hoch wie nötig, aber nur so niedrig wie möglich ausfallen. Föderale Bundesstaaten, darunter Deutschland, die Schweiz, Österreich und die USA, sowie der föderale Staatenbund der EU nutzen dieses Prinzip als zentrales Element ihres Handelns. Es gehört zu den ordnungspolitischen Konzepten der sozialen Marktwirtschaft.

Ausgestaltung des Subsidiaritätsprinzips

Für die Ausgestaltung bestimmen die Staaten eine genaue Rangfolge ihrer Zuständigkeiten. Diese folgt dem Prinzip des Vorrangs von unteren Ebenen. Erst wenn eine untere Ebene eine Aufgabe nicht lösen kann, greift die nächsthöhere Ebene subsidiär ein. Hierfür gibt es zwei prinzipielle Gründe:

  • Die untere Ebene kann die Aufgabe gar nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten und Kosten lösen.
  • Die Kooperation zwischen den Ebenen ergibt einen klaren Mehrwert.

Zum Subsidiaritätsprinzip gehört auch, dass die unterstützende Ebene ihre Hilfe niemals verweigert. Sie leistet dennoch vorrangig Hilfe zur Selbsthilfe. Damit orientiert sich das Prinzip an anderen Grundsätzen, so an dem der Verhältnismäßigkeit und an der Pareto-Optimierung. Letztere bedeutet, dass mit den Unterstützungsmaßnahmen ein bestmöglicher Zustand anzustreben ist, der sich nicht hinsichtlich einer bestimmten Zieleigenschaft weiter verbessern lässt, ohne eine andere Eigenschaft verschlechtern zu müssen. Seinen Namen hat das Pareto-Optimum vom Soziologen und Ökonomen Vilfredo Pareto (1848 – 1923).

Für die Staatsführung bedeutet das Subsidiaritätsprinzip das Dienen des Staates gegenüber seinen Bürgern. Es rechtfertigt seine Existenz, weil es konkrete Mehrwerte schafft (sogenannte Output-Legitimität des Staates).

Keinesfalls soll der demokratische Staat Aufgaben übernehmen, die andere Akteure wie Selbstverwaltungskörperschaften, gesellschaftliche Vereinigungen, Unternehmen und Bürger*innen selbst in gleicher Qualität oder sogar besser erledigen können. Dadurch schafft das Subsidiaritätsprinzip einen Handlungsvorrang für nachgeordnete Einheiten und eine Unterstützungspflicht für übergeordnete Organisationen.

Subsidiäre Staatsorganisation

Staatsorganisatorisch wird das Subsidiaritätsprinzip als abgestufte Ordnung höherer und niedriger Regelungsbefugnisse verwirklicht. Zu diesen gehört auch die Privatautonomie. In dieser Kompetenzordnung erhalten die übergeordneten Instanzen den Staat funktionsfähig, indem sie für die nachgeordneten Akteure die Handlungsspielräume bestimmen. Sie steuern deren Handeln als „Steuerung der Selbststeuerung“.

Nachgeordnete Instanzen handeln damit initiativreich und eigenverantwortlich. Das Gesamtsystem bleibt lernfähig. Die Gesetzgebungskompetenz funktioniert subsidiär, indem beispielsweise in Deutschland die Länder für bestimmte Belange (wie die Bildung) grundsätzlich zuständig sind (Artikel 70 GG Zuständigkeit der Länder) und es eine kommunale Selbstverwaltung gibt (Artikel 28 Absatz 2 GG).

Andererseits hat die gesetzgeberische Kompetenz des Bundes Geltungsvorrang (Artikel 31 GG). Wenn eine Gemeinde, Kommune oder ein Bundesland bestimmte Maßnahmen eigenständig bewältigen können, sollen diese dort beschlossen werden. Es gibt noch mehr untergeordnete Ebenen, so beispielsweise Berufsverbände, Religionsgemeinschaften und zuletzt einzelne Personen. Das Subsidiaritätsprinzip gewährleistet die Freiräume für eine pluralistische Gesellschaft.

Seit wann gibt es subsidiäre Organisationen?

Ideengeschichtlich reicht das Subsidiaritätsprinzips in die Zeit ab der Reformation zurück. Sein Ursprung war die calvinistische Konzeption des Gemeinwesens. Bekannt ist die Aufhebung des zentralistischen katholischen Kirchenrechts durch die Synode im ostfriesischen Emden, die 1571 zum neuen Kirchenrecht entschied, dass Entscheidungen auf der niedrigsten Ebene zu treffen sind. Johannes Althusius übernahm 1603 diesen subsidiären Gedanken in seine ständische Staatslehre, die Politica Methodice digesta, die vom politischen Calvinismus geprägt wurde.

Demnach sollte die Gesellschaft in Form von abgestuften, miteinander verbundenen Gruppen funktionieren, die jeweils eigene Aufgaben zu erfüllen haben. In gewissen Bereichen seien sie dann auf subsidium (Unterstützung) einer übergeordneten Gruppe angewiesen. Diese Unterstützung solle aber nur bei Bedarf einsetzen. Auch solle die übergeordnete Gruppe in keinem Fall die Aufgabe der nachrangigen Gruppe völlig übernehmen. Diese Lehre hat Althusius in Emden als Stadtsyndikus zwischen 1604 und 1638 praktiziert. Ab 1891 ging das Subsidiaritätsprinzip in die Soziallehre der katholischen Kirche ein und wurde in der Enzyklika „Rerum Novarum“ manifestiert. Sie hat freilich philosophische Vorläufer in der Antike, weshalb sich die Autoren auf Aristoteles und Thomas von Aquin beriefen. Es trat eine der katholischen Staatstheorie ein, die päpstlich zentralistische Auffassung vom Staatswesen wurde aufgegeben. Diese hatte zuvor über fast zwei Jahrtausende postuliert, dass der Staat von einem Monarchen mit des Papstes Segen gelenkt werde, der über göttliche Rechte verfüge.

Papst Pius XI. formulierte 1931 in seiner Sozialenzyklika Quadragesimo anno das Subsidiaritätsprinzip klassisch als Gesellschaftsansatz, der den seinerzeit vorherrschenden Tendenzen des Totalitarismus in Europa entgegenstand. Nach dieser Sozialenzyklika sollte das Individuum mitsamt seiner persönlichen Leistungsfähigkeit der Maßstab des Handelns sein, während das überindividuelle Handeln zu begrenzen sei. Der deutsche Jesuitenpater Oswald von Nell-Breuning vertrat vehement das Subsidiaritätsprinzip. Er berief sich auf die Sozialenzyklika von Pius XI., die er als „höchst bedeutenden sozialphilosophischen Grundsatz“ bezeichnete. Seiner Auffassung nach sollte nichts, was ein einzelner Mensch aus eigener Initiative leisten kann, diesem entzogen werden. Hilfe von oben solle er nur bei Bedarf bekommen. Laut von Nell-Breuning ist jedwede Gesellschaftstätigkeit ihrem Wesen nach subsidiär und unterstützt damit den Sozialkörper.

Aufnahme in das Staatswesen

Das Subsidiaritätsverständnis der Kirche wurde im 19. Jahrhundert ins weltliche Staatswesen von liberalen Staaten aufgenommen. Es wurde ein liberales Subsidiaritätsprinzip formuliert, das die Sicherung der eigenen Existenz dem einzelnen Individuum übertrug, das den Staat nur bei Bedarf in Anspruch nehmen soll. Die Verantwortlichkeit staatlicher Stellen sei demnach subsidiär nachrangig. Auch soziale Probleme sollen vorrangig durch private Organisationen und nicht durch den Staat gelöst werden. Parallel dazu entwickelte sich das katholische Subsidiaritätsprinzip weiter. Wichtige Protagonisten waren Franz Hitze und Wilhelm Emmanuel von Ketteler. Nach den Revolutionsjahren 1848/49 bildeten sich auf Basis des Katholizismus Parteien, es entstand die moderne katholische Soziallehre. Auf der Basis des Subsidiaritätsprinzips entwickelte sich das katholische Sozialdenken weg vom vorherigen fundamentalistischen Antikapitalismus hin zum pragmatischen Reformieren. Die Ansätze wirken bis heute sowohl in der Kirche als auch in der modernen Staatsorganisation nach.

Autor: Pierre von BedeutungOnline

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