Darf die Polizei mich durchsuchen? Erklärung, Rechtslage

Darf die Polizei mich durchsuchen, Erklärung, Rechtslage


Durchsuchungen werden durch Polizeibeamte durchgeführt. Um die Rechtmäßigkeit der Durchsuchung einer Person zu beurteilen, kommt es zunächst darauf an, festzustellen, welche Rechtsgrundlage für die Durchsuchungsmaßnahme überhaupt einschlägig ist.

Dies kann im Einzelfall nicht leicht zu beurteilen sein, da die Polizei des Bundes oder der Länder entweder im Rahmen der Verfolgung von Straftaten (repressiv) oder zur Gefahrenabwehr (präventiv) tätig werden kann.
Geht es um die Verfolgung von Straftaten, ergeben sich die Ermächtigungsgrundlagen aus der Strafprozessordnung (StPO). Handelt die Polizei hingegen zur Gefahrenabwehr, sind die entsprechenden Regelungen in den Polizeigesetzen einschlägig.

Nicht selten handelt die Polizei sowohl zur Gefahrenabwehr als auch zur Strafverfolgung. In diesem Fall ist für die Bestimmung der Rechtsgrundlage (StPO oder Polizeigesetze) der Schwerpunkt der Maßnahme entscheidend.

Durchsuchungen nach der Strafprozessordnung

Wird die Polizei zur Strafverfolgung (repressiv) tätig, kommt die StPO zur Anwendung. Abzugrenzen ist hier die körperliche Untersuchung gemäß § 81a StPO von der Durchsuchung gemäß §§ 102 ff. StPO.

Eine Untersuchung liegt vor, wenn im Körper der Person nach Gegenständen gesucht wird.

Wird hingegen in der Wohnung oder am Körper der Person nach Gegenständen gesucht, handelt es sich um eine Durchsuchung gemäß § 102 StPO. Dabei ist zu beachten, dass auch die Suche in natürlichen Körperöffnungen noch „am“ Körper stattfindet und somit eine Durchsuchung zu bejahen ist.

Rechtsgrundlage § 81a StPO

Den Ermächtigungsgrundlagen nach der StPO ist gemein, dass man zunächst Beschuldigter in einem Strafverfahren sein muss. Dies gilt somit auch für die Untersuchung nach § 81a StPO.

Beschuldigter wird man durch einen sogenannten Inkulpationsakt der handelnden Behörde (Polizei- oder Staatsanwaltschaft), der zum Ausdruck bringt, dass gegen den Betroffenen ein Ermittlungsverfahren in Gang gesetzt wird. Dies kann beispielsweise die Anlegung einer entsprechenden Akte sein.

Hierfür muss ein sogenannter Anfangsverdacht gegen den Beschuldigten bestehen. Das bedeutet, dass aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte (Zeugen, Hinweise, Spuren) der Verdacht besteht, dass der Betroffene Täter oder Beteiligter einer Straftat ist.

Weitere Voraussetzung des § 81a StPO ist, dass durch die Untersuchung die Aussicht zur Feststellung von Tatsachen besteht, die für das Verfahren von Bedeutung sind.

Die Untersuchung muss durch einen Arzt durchgeführt werden und -außer bei Gefahr im Verzug- richterlich angeordnet sein. Außerdem darf kein Nachteil für die Gesundheit des Beschuldigten zu befürchten sein und die Maßnahme muss verhältnismäßig sein.

Typischer Fall einer körperlichen Untersuchung ist beispielsweise eine Blutprobe, um den Blutalkoholgehalt des Beschuldigten zu bestimmen, wenn dieser einer Verkehrsstraftat verdächtig ist.

Gefahr im Verzug -und damit das Entfallen das Erfordernisses einer richterlichen Anordnung- kann hier zum Beispiel dann gegeben sein, wenn der richterliche Bereitschaftsdienst an Wochenenden wegen Überlastung nicht erreichbar ist.

Rechtsgrundlage § 102 StPO

Auch die strafprozessuale Zwangsmaßnahme der Durchsuchung gemäß § 102 StPO richtet sich gegen den Verdächtigen als Täter oder Teilnehmer einer Straftat. Wie im Rahmen der Untersuchung ist also auch hier ein auf Tatsachen gestützter Anfangsverdacht gegen die betreffende Person erforderlich.

Bei dem Beschuldigten bzw. Verdächtigen darf eine Durchsuchung zum Zwecke seiner Ergreifung oder zur Sicherstellung von Beweismitteln durchgeführt werden.

Duchsuchungsobjekte können die Wohnung, die Person des Beschuldigten selbst oder ihm gehörende Sachen sein.

Zu beachten ist hierbei, dass es bei dem Merkmal „gehörend“ nicht auf das Eigentum des Beschuldigten ankommt, sondern auf den Gewahrsam, wobei Mitgewahrsam ausreicht.

Gewahrsam bedeutet eine tatsächliche Herrschaft über Sachen, die sozial respektiert wird, also der „Sphäre“ der betreffenden Person zugeordnet wird. Das ist zum Beispiel in Fällen der Miete, Leihe, aber beispielsweise auch dann der Fall, wenn eine gefundene Sache von der betreffenden Person lediglich aufbewahrt wird.

Wie bei der Untersuchung ist auch bei der Durchsuchung die richterliche Anordnung der Maßnahme erforderlich, die nur bei Gefahr im Verzug entfällt.

Durchsuchung Wohnung

Bei der Durchsuchung von Wohnungen sind noch einige zusätzliche Anforderungen zu beachten:

Wenn die Durchsuchung nicht in Anwesenheit eines Richters oder Staatsanwaltes stattfindet, so ist, wenn möglich, ein Gemeindebeamter oder zwei Mitglieder aus der Gemeinde hinzuzuziehen, in der der die Durchsuchung stattfindet (§ 105 Absatz 2 StPO).

Wohnungen dürfen zur Nachtzeit (21 bis 6 Uhr) nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen (z.B Verfolgung auf frischer Tat oder Gefahr im Verzug) durchsucht werden. Weitere Fälle sind in § 104 Absatz 1 Nr. 3 und 4 geregelt.

Neben der Durchsuchung beim Beschuldigten ist gemäß § 103 StPO auch eine Durchsuchung bei anderen Personen unter eingeschränkten Voraussetzungen zulässig.

Aus Sicht des Beschuldigten ist sowohl im Rahmen der obig dargestellten Untersuchung als auch bei der Durchsuchung zu beachten, dass bei Verstößen gegen das Erfordernis der richterlichen Anordnung ein sogenanntes Beweisverwertungsverbot eingreifen kann. Das bedeutet, dass die durch die Untersuchung oder die Durchsuchung erlangten Beweismittel nicht vor Gericht zu Lasten des Beschuldigten bzw. Angeklagten verwertet werden dürfen.

Das ist vor allem dann der Fall, wenn der Richtervorbehalt bewusst oder willkürlich durch die Polizeibeamten missachtet wurde.

Ein solches Beweisverwertungsverbot kann sich insbesondere auch dann ergeben, wenn durch eine mangelhafte gerichtsinterne Organisation (also nicht nur einer vorübergehenden,zufälligen Überlastung) der richterliche Bereitschaftsdienst nicht rechtzeitig erreichbar war und deshalb fehlerhaft „Gefahr im Verzug“ angenommen wurde.

Durchsuchungen nach dem Polizeirecht

Im Bereich der Gefahrenabwehr (Polizeirecht) bestehen neben dem Bundespolizeigesetz in den einzelnen Bundesländern abweichende Regelungen zu Durchsuchungen, da Polizeirecht Sache der Bundesländer ist.

Im Wesentlichen enthalten die Regelungen jedoch eine gemeinsame Grundstruktur, die im Folgenden skizziert werden soll:

Es bestehen Regelungen, die unterscheiden zwischen der Durchsuchung von Personen, Sachen und Wohnungen.
Bei der Durchsuchung von Personen enthalten die Gesetze meist enumerativ geregelte Tatbestände, bei denen eine Durchsuchung zulässig ist:

Die Person führt Sachen mit sich, die nach anderen Regelungen sichergestellt werden dürfen. Eine Sicherstellung ist dabei zumeist bei Vorliegen bestimmter Gefahrengrade (konkrete, gegenwärtige, drohende Gefahr) für die öffentliche Sicherheit zulässig

Die Person befindet sich in einer hilflosen Lage oder einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand (beispielsweise schwer alkoholisierte oder suizidgefährdete Personen)

Die Person hält sich an bestimmten „gefährlichen Orten“ auf, die zumeist dadurch definiert sind, dass sich an diesen Orten erfahrungsgemäß Straftäter verabreden, der Prostitution nachgegangen wird oder an dem sich Personen ohne Aufenthaltserlaubnis treffen.
Auch im Grenzgebiet sowie auf gewissen Durchgangsstraßen sind solche verdachtsunabhängigen Durchsuchungen nach den meisten Polizeigesetzen möglich.

Bei Wohnungsdurchsuchungen gelten mit Rücksicht auf das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung verschärfte Voraussetzungen im Hinblick auf die Gefahrengrade und die betroffenen Rechtsgüter.
Auch hier gilt wie in der StPO der Richtervorbehalt und das grundsätzliche Verbot, die Durchsuchung zur Nachtzeit durchzuführen.

Autor: Pierre von BedeutungOnline

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