Wer war der kopflose Hahn Mike? Geschichte, Erklärung


Der Farmer Lloyd Olsen wollte damals im Jahr 1945 eigentlich nur einen seiner Hähne für ein Festmahl schlachten. Doch dass er dadurch vom Schlachttisch auf die Showbühne gelangte, hätte er sich wohl nicht träumen lassen. Den Hahn, den er köpfte, lebte noch 18 Monate weiter. In den USA wurde der geköpfte Hahn namens Mike zum Superstar und war schlussendlich sogar populärer als ein US-Präsident.

Dem kleinen Örtchen Fruita sieht man seine blutige Vergangenheit auf den ersten Blick nicht an. Wer das 11.000 Seelen-Dorf mitten in der Wüste von Colorado besucht, wird zum Anfang von riesigen Plakaten begrüßt, auf denen mit Rafting-Ausflügen, Mountainbike-Touren, Dinosaurier-Ausstellung und Rodeos geworben wird. Doch das sind noch lange nicht alle Attraktionen, die das Dorf zu bieten hat. Die Hauptattraktion fehlt. Sie zieht jedes Jahr am dritten Wochenende des Mais tausende Besucher an: der Hahn namens Mike.

Ohne große Umschweife kann festgehalten werden, dass der Hahn Mike wohl der berühmteste Sohn dieser Stadt ist. Zwar dauerte seine Karriere nur von 1945 bis 1947 an, doch schaffte er es in dieser kurzen Zeit ins Radio, Fernsehen und sogar in das „Life“- und „Time“-Magazin. Durch Mike wurde der Ort international bekannt. Weshalb der Ort nicht mit einem großen Schild am Ortseingang mit dem berühmten Hahn wirbt, hängt wohl damit zusammen, dass man mit diesem Star nicht besonders liebevoll umgegangen ist. Die Karriere von Mike begann nämlich ab dem Zeitpunkt, an dem er geköpft wurde. Zahlreiche Köpfe anderer Hühner folgten darauf.

Die Geschichte vom kopflosen Hahn Mike

Der Farmer Lloyd Olsen erwartete seine Schwiegermutter zum Abendessen für den nächsten Tag. Wie schon so oft wollte der Bauer am 10.09.1945 ein paar Hähne für das Festmahl schlachten. Dies war der Beginn einer der größten Karrieren, die ein Hahn überhaupt erreichen konnte. Sie hielt genau 18 Monate an.

Olsen griff – wie immer – zum großen Messer und nahm sich den ersten Gockel vor, der fünf Jahre alt war. Nachdem er geköpft war, flatterte er noch ein wenig. Der Bauer fand das nicht sonderlich unnormal, schließlich war es bisher immer so. Nach wenigen Sekunden ist das vorbei, dachte er sich. Olsen machte sich sodann an den anderen Hähnen zu schaffen. Nach einer halben Stunde jedoch ist der erste geköpfte Hahn noch immer nicht zur Ruhe gekommen. Besonders eigenartig fand er, dass er auch ohne Kopf und Schnabel Anstalten machte, auf dem Boden herumzupicken. Am nächsten Morgen war seine Verwunderung noch größer: Der Hahn hatte seine Schlafposition eingenommen, den Phantomkopf unter den Flügel geklemmt, atmete und schlief ruhig.

Da beschloss der Bauer, seinem Hahn den Namen „Mike“ zu geben. Er gab ihm eine Chance und fing an, ihn zu füttern. Dazu nutzte er eine Pipette, mit der er Mike ein paar Körner sowie Wasser in die Speiseröhre schob. Er setzte nun darauf, dass der Magen von Mike die Körner kleinbekommen würde. Mike hatte dies alles ohne Probleme über sich ergehen lassen und mischte sich unter seine Kameraden und lebte, als ob nichts gewesen wäre. Auch der Stoffwechsel von Mike schien zu funktionieren.

Dem Bauer wurde der Hahn nach ein paar Tagen etwas unheimlich, also beschloss er, eine ärztliche Untersuchung durchführen zu lassen. Er fuhr mit Mike nach Salt Lake City in eine Universität mit dem Fachbereich Veterinärmedizin. Dort kam dann zum einen die Anatomie von Hühnervögeln ins Spiel sowie – erneut – seine Schwiegermutter.

Mike schaffte es bis ins „Guinness“-Buch

Wieso kam also die Schwiegermutter wieder ins Spiel? Ganz einfach: Olsen wusste von ihrer Vorliebe für gebratenen Hühnerkragen. Deshalb setzte Olsen am besagten Abend das Messer besonders hoch unter dem Kopf an, damit er noch viel Hals retten konnte. Bei einem Gallus gallus domesticus sitzt das Großhirn allerdings äußerst weit unten. Auf dem OP-Tisch stellte sich letztlich heraus, dass noch ein Teil des Großhirns am Körper drangeblieben war. Mittlerweile war es jedoch ziemlich unkenntlich nach unten zwischen Luft- und Speiseröhre gesackt. Die Mediziner fanden dort sogar noch ein Ohr, welches ebenfalls noch intakt war.

Somit war der Hype um Mike nun nicht mehr zu halten. Sämtliche Reportagen feierten ihn als Star und auch das „Guinness“-Buch der Rekorde kürte ihn zum offiziellen Champion. Von da an setzte Mike seinen Fuß ins Showbusiness. Zunächst fing es mit kleineren Auftritten auf Jahrmärkten an. Hierfür zahlten die Besucher 25 Cent für einmal Mike anschauen. Als Nächstes folgten Auftritte auf verschiedenen Varieté-Bühnen zwischen Los Angeles und New York. Olsen kassierte Gagen von über 4.500 Dollar im Monat.

Der Hahn Mike hatte selbst wenig von seinem Ruhm. Zumindest konnte er etwas mehr Gewicht erlangen. Äußerst lästig war allerdings das gelegentliche Gurgeln. Mit einer Pipette saugte Olsen dem Hahn Flüssigkeit aus der Luftröhre. Eines Abends allerdings, als Olsen und Mike in einem Motel übernachteten, war die Pipette verloren gegangen. Der Bauer konnte seinem Hahn dann nicht mehr helfen und Mike starb seinen zweiten Tod. Er wurde sieben Jahre alt; mit Kopf hätte er dieses Alter wohl kaum erreicht.

Autor: Pierre von BedeutungOnline

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