Liminal Spaces sind ein neues Phänomen aus dem Internet. Es beschreibt Orte, die zwischen zwei Zielen liegen, sozusagen als Übergang von einem in das andere dienen. Es sind Schwellen, die einen ganz bestimmten Moment oder Ort festhalten, meist in Bildern oder Videos. Auf Seiten wie 4chan oder Reddit teilen tausende Nutzer die Faszination für solche Fotos, die verschiedene Gefühle auslösen können. Die einen haben einen Anflug von Nostalgie, andere womöglich von Horror. Woher kommt diese Begeisterung der Liminal Spaces und wie verbreitet sind sie?
Woher kommen Liminal Spaces? Erklärung
Das Konzept der Liminalität ist kein Neues, sondern wird seit Jahrhunderten kommuniziert. Dabei kann die Interpretation abweichen und hat sich auch über die Jahre angepasst. Grob gesagt, kann darunter eine Art Übergang verstanden werden. Ein Beispiel dafür sind die Jahre, die man als Teenager verbrachte. Dies beschreibt den Übergang zwischen Kindsein und Erwachsensein. In Bezug auf Räume beschreibt es eben Orte, die als Schwelle dienen.
Aufgekommen ist das Phänomen der Liminal Spaces aber erst 2019 und 2020. Schon vorher haben Leute gerne ähnliche Bilder gepostet, die leere Flure oder längst vergessene Einkaufszentren zeigen. Aber mit der Geschichte der Backrooms und dem dazugehörigen Foto eines gelb-tapezierten Raumes ohne Möbel hat diese Art von Bild erst eine Bezeichnung bekommen. Im selben 4chan Forum wurden noch weitere Bilder gepostet, die eine ähnliche Stimmung erzeugen.
Anders als “The Backrooms” gibt es bei Liminal Spaces aber keinen Kontext und keine Hintergrundgeschichte. Die Bilder existieren einfach, um angeschaut zu werden. Jeder kann sie für sich selbst interpretieren und jeder schaut anders auf ein Foto eines Liminal Space, was dieses Phänomen sehr einzigartig macht.
Was zeichnet Liminal Spaces aus? Eigenschaften, Merkmale
Das kann sehr unterschiedlich sein. Ein großes Kriterium ist, dass auf den Bildern keinerlei Lebewesen zu sehen sind. Immerhin stehen diese Orte für einen Übergang, wo kein Leben existieren sollte. Die Definitionen können aber unterschiedlich ausfallen und es gibt verschiedene Kategorien. Es müssen nicht immer nur alte Fotos sein, sondern es können auch bearbeitete und surreale Bilder oder Räume in Videospielen geteilt werden.
Horror spielt eine große Rolle in Bezug auf Liminal Spaces und geht Hand in Hand mit dem Genre. Dabei sind es keine Monster, die einen verfolgen, sondern eine Art existenzielle Angst, die einen einholt. Man weiß, dass man alleine ist und genau das löst den Horror aus. Wird man diesen Ort jemals verlassen können? Was lauert möglicherweise hinter dem dunklen Türrahmen, den man aus dem Augenwinkel sehen kann? Dieses Konzept des unterschwelligen Grusel ist essenziell für Liminal Spaces.
Ein ganz einfaches Beispiel für einen Liminal Space ist ein Korridor in einem Hotel. Die Lobby und das Zimmer sind Ankerpunkte, an denen die meisten Menschen eine längere Zeit verbringen. Aber die Flure dazwischen sind nur eine Schwelle, sie dienen alleine dazu, von Punkt A zu Punkt B zu kommen. Viele Bilder von Liminal Spaces fokussieren sich eben auf solche Hotelflure, da diese genau das beschreiben, für was Liminalität steht. Fahrstühle, Treppenhäuser und große Parkplätze sind ebenfalls gute Beispiele für Liminal Spaces.
Ein Gefühl der Nostalgie
Etwas, was die meisten Liminal Spaces vereint, ist ein Gefühl der Nostalgie. Viele dieser Bilder sprechen genau diesen Teil in unserem Gehirn an, als ob wir den dort abgebildeten Raum schon einmal gesehen haben. Dazu gehören leergeräumte Spielhallen, dieses eine Wohnzimmer von Oma, alte Einkaufshäuser, ein leerer Parkplatz bei Nacht oder verlassene Spielplätze. Das sind typische Liminal Spaces und verknüpfen den Aspekt der Nostalgie.
Diese Orte erinnern uns an Tage aus unserer Kindheit, die wir mit Freunden verbracht haben, von denen wir heute wahrscheinlich kaum noch welche kennen. Manchmal geben diese Bilder einen Komfort und man erinnert sich an eben diese Momente im Leben. Liminal Spaces sind ein Blick in die Vergangenheit, zu längst vergessenen Orten aus dem Unterbewusstsein.
Liminal Spaces zeigen aber auch fast unmögliche Orte, die uns vielleicht an vergangene Träume erinnern. Möglicherweise hat man auch ein Déjà-vu und denkt, man war genau dort schon einmal, aber kann sich nicht erinnern. Das Gefühl der Nostalgie wird dabei überschattet von einer möglichen Angst, einer Ahnung, dass nicht alles so stimmt, wie es gezeigt wird. Auch das ist ein wichtiges Merkmal für Liminal Spaces.
Verschiedene Medien und Liminal Spaces
Überraschenderweise ist das Konzept der Liminal Spaces nichts Neues, sondern wurde nur durch das Aufkommen der Backrooms wieder an die Oberfläche getragen. Es gibt jedoch viele Beispiele in bereits erschienenen Medien, die Liminal Spaces als spezifisches Element nutzen.
In Videospielen ist Liminalität oft zu erkennen, auch schon vor 2020. Bekannte liminale Spiele sind The Stanley Parable, Superliminal oder Control. Auch viele ältere Spiele haben unterbewusst eine Liminalität, weil früher die Grafik noch nicht so ausgeprägt war. Bekannt dafür sind vor allem Spiele, die mit der Source-Engine gemacht wurden. Darunter fallen Half-Life 1 und Half-Life 2, aber auch viele Fan-Spiele. Super Mario 64, das Mitte der 1990er Jahre für den N64 erschienen ist, ist ebenfalls in die Diskussion rund um die Liminal Spaces gefallen. Minecraft kann in manchen Situationen auch als eine Art Liminal Space bezeichnet werden, vor allem frühere Alpha- und Betaversionen.
Bücher, Serien und Filme nutzen dieses Konzept auch schon seit langem, vor allem im Genre des Horrors. Der “Red Room” in “Twin Peaks”, das Overlook Hotel in “The Shining oder das Haus aus “House of Leaves” sind nur wenige der Beispiele, die unterbewusst das Konzept von Liminal Spaces nutzen, um Grusel zu erzeugen.