Unter einem Korinthenkacker versteht man einen Menschen, der übermäßig genaunehmerisch und deswegen sehr anstrengend ist. „Korinthenkacker“ ist ein derber, negativer Begriff, der abfällig und abwertend einen pedantischen Menschen bezeichnet. Oft werden Beamte als Korinthenkacker bezeichnet, weil sie vermeintlich alles übergenau und bürokratisch sehen. Paragraphen werden zitiert, kein Auge wird zugedrückt. Korinthenkacker sind kleinlich, pingelig und kleinkariert. Oft werden sie auch als Erbsenzähler tituliert, was auf dasselbe hinausläuft, aber weniger derb daherkommt.
Was bedeutet „Korinthenkacker“? Bedeutung, Definition, Erklärung
Der Korinthenkacker ist nicht nur ein abwertender, sondern auch ein Begriff, der Ärger ausdrückt. Er ist negativ besetzt. Er steht für Menschen, die Ungenauigkeiten weder ignorieren noch tolerieren. Er steht auch für Menschen, die unflexibel und stur an einer Sache festhalten und Fünfe nicht gerade sein lassen können.
Was sind Korinthen? Bedeutung
Korinthen sind kleine, schwarze Rosinen. Es sind getrocknete blaue Weintrauben der Art Korinthiaki. Sie wurden in Griechenland, genauer gesagt auf dem Peloponnes kultiviert. Vom Hafen der Stadt Korinth aus wurden sie schon früh in alle Welt verschifft. Die französische Bezeichnung für die Korinthe ist „Raisin de Corinthe“ („Rosine von Korinth“) und nimmt direkten Bezug auf den Herkunftsort dieser speziellen Rosine.
„Rosine“ ist der Oberbegriff für alle Arten von getrockneten Weintrauben. Je nachdem um welche Rebenart es sich handelt, ist die Rede von Korinthen, Zibeben oder Sultaninen. Korinthen sind die kleinste Rosinenart. Sie sind dunkelviolett, schwarzbraun oder schwarzblau und haben einen kräftigen Geschmack. Die Korinthiaki-Trauben werden nach der Lese lediglich in der Sonne getrocknet und kommen danach gereinigt, aber unbehandelt auf den Markt.
Warum Korinthen?
Der Ausdruck Korinthenkacker bezieht sich offensichtlich direkt auf die Rosine aus Korinth. Das ist sicher kein Zufall. Die Frage ist also, was steckt dahinter? Es könnte ja ebenso heißen „Sultaninenkacker“ oder „Rosinenkacker“. Da dies nicht der Fall ist, muss die Korinthe eine besondere Rolle spielen.
Häufig ist zu lesen, dass Korinthenkackern unterstellt wird, so penibel zu sein, dass sie sogar auf der Toilette extrem gleichförmige Ausscheidungen hinterlassen, eben wie Korinthen. Aus dieser Unterstellung habe sich der Ausdruck Korinthenkacker entwickelt. Es ist naheliegend die Form und Farbe der Korinthe für diese Erklärung heranzuziehen. Sie sind klein, schwarz und schrumpelig.
Aber wenn dem so wäre, würde es nicht auch alternative Begriffe geben, wie beispielsweise „Erbsenzähler“, „Tüpflischisser“, „Haarspalter“, „Krümelkacker“ oder „Kümmelspalter“. Es scheint klar, dass es nicht Form und Farbe sind, um die es geht, sondern die geringe Größe. Korinthen sind die kleinsten aller Rosinen. Erbsen, Tüpfelchen, Krümel und Kümmel sind ebenfalls sehr klein und Haare sind sehr fein. Beim Korinthenkacker ist also die Kleinheit und die daraus resultierende Kleinlichkeit das Thema.
Woher kommt der Begriff „Korinthenkacker“? Wortherkunft, Bedeutung
In Deutschland ist die Korinthe seit dem 15. Jahrhundert bekannt. Im Spätmittelalter hatte sich der Beruf des Kaufmanns längst etabliert. In Deutschland dominierte die Deutsche Hanse den Handel. Und Kaufleute konnten nur reich werden, wenn sie ganz genau kalkulierten. Sie kauften Handelsgüter zu einem bestimmten Preis ein und verkauften sie zu einem höheren Preis.
Es ist sicher kein Zufall, dass die Korinthe zur Bildung eines Schimpfwortes herangezogen wurde. Selbstverständlich wurden die Korinthen beim Kauf und Verkauf nicht gezählt und einzeln bezahlt. Sie wurden gewogen und für eine bestimmte Menge wurde ein bestimmter Betrag vereinbart. Mit dieser Tradition im Hintergrund tat sich ein besonders pingeliger oder genaunehmerischer Mensch besonders ärgerlich hervor.
Ein vernünftiger Kaufmann rechnet nicht jede einzelne Korinthe ab. Auf ein paar Korinthen mehr oder weniger kommt es nicht an. Einem kleinlichen Menschen fehlt diese Großzügigkeit und Toleranz. Ein solcher Händler wird einzelne Korinthen aus dem Korb herausnehmen, so lange bis das Gewicht haargenau stimmt und kein Gramm verschenkt wird.
Korinthen stehen dabei für alle Waren, die nicht einzeln, sondern aus naheliegenden Gründen in Mengen abgerechnet werden. Das können Gewürze, Beeren, Getreide, Hülsenfrüchte oder Nordsee-Krabben sein; eben alles, was klein ist und gewogen, aber nicht abgezählt wird. Dass sich die Redewendung auf Korinthen bezieht, liegt möglicherweise daran, dass Trockenfrüchte aus dem Mittelmeerraum im späten Mittelalter exotische Spezialitäten waren. Sie waren selten und teuer. Nur Reiche, also Mächtige, konnten sich Korinthen leisten. Sicher spielte Neid, Eifersucht und auch Verächtlichkeit eine Rolle bei der Wahl dessen, was sich für ein Schimpfwort eignen könnte. Erbsen oder Weizen kacken kann jeder, aber Korinthen können nur die, die nichts verschenken und auf keine einzelne Rosine verzichten wollen.
Der Korinthenkacker in der älteren Geschichte
Vermutlich liegen die Ursprünge des Korinthenkackers im Spätmittelalter. Das Wort Kacke ist ein derber umgangssprachlicher Ausdruck für Kot und kommt aus dem Spätmittelhochdeutschen. Die Korinthe ist seit dem 15. Jahrhundert in Deutschland bekannt. Kacken als Verb ist ebenfalls seit dem 15. Jahrhundert bezeugt. Es ist also recht wahrscheinlich, dass der Ausdruck Korinthenkacker auch aus dieser Zeit stammt.
Kacke ist ein Fluch- oder Schimpfwort, das auch heute noch bei Verärgerung und Frustration oder Schwierigkeiten benutzt wird. Als Korinthenkacker werden Personen bezeichnet, über die man sich ärgert, weil sie einem vermeintlich Schwierigkeiten machen oder in irgendeiner Form hinderlich sind. Solche Personen verhalten sich aber lediglich korrekt und sind rechtlich betrachtet also weder angreifbar noch widerlegbar. Korinthenkacker sind zwar im Recht, verhalten sich aber rechthaberisch und lösen dadurch Wut oder Ärger bei dem Gegenüber aus.
Auch diese spezifische Verwendung des Ausdrucks Korinthenkacker passt zu der Vermutung, dass er aus einer Zeit stammt, in der es zwischen Menschen verstärkt zu solchen kleinkarierten und frustrierenden Situationen kam. Eine Zeit, in der kaufmännische oder gesellschaftliche Gesetze und Regeln individuell auslegbar waren und Untergebene, Abhängige oder schwächere Geschäftspartner die Ergebnisse solcher Auslegungen zähneknirschend akzeptieren mussten.
Der Korinthenkacker in der neueren Zeit
Zwar ist zu lesen, dass sich dieser „derbe Scherzausdruck“ in der Umgangssprache des 19. Jahrhunderts entwickelte. Es ist aber viel wahrscheinlicher, dass sich der Ausdruck Korinthenkacker seit dem späten Mittelalter durch mündliche Überlieferung im Laufe der Zeit im oralen Gedächtnis der Menschen festsetzte.
Der einfache Mensch des späten Mittelalters und der darauffolgenden Epochen konnte weder lesen noch schreiben. Ein Schimpfwort wurde also eher mündlich weitergegeben. Wenn es in späterer Zeit plötzlich schriftlich auftaucht, hat dies vermutlich etwas mit sich verändernden gesellschaftlichen Strukturen zu tun. Im Fall des Korinthenkackers hängt das Auftauchen des Ausdrucks vermutlich mit der „Erfindung“ der Bürokratie im 19. Jahrhundert zusammen. Diese „Herrschaft der Verwaltung“ wurde als Bürokratismus empfunden und die Verwaltungsleute mit ihren Vorschriften und Regeln waren die neuen Korinthenkacker.