Es besteht kein semantischer Zusammenhang zwischen antiklimaktisch und Klima, auch wenn der Wortlaut ähnlich ist. Für den Begriff gibt es mehrere Wörter, die synonym verwendet werden: nachlassend, enttäuschend und abfallend. Im deutschen Sprachgebrauch sind diese üblicher als der Begriff antiklimaktisch.
Antiklimaktisch leitet sich von Antiklimax ab, also dem Gegenteil einer Klimax. Antiklimaktisch ist das Adjektiv zu Antiklimax, aber im deutschen Wortschatz kaum etabliert und wird daher selten verwendet. Antiklimax bedeutet „Enttäuschung“ oder „Rückgang“ und bezieht sich in den allermeisten Fällen auf die Spannungskurve in einem literarischen Werk. Die Antiklimax beschreibt das Gegenteil einer traditionellen Spannungskurve. Bezogen auf einen Roman bedeutet das, dass die Spannung zur Mitte hin abnimmt, aber zum Ende wieder zunimmt.
Klimax und Antiklimax im Roman
Der Spannungsverlauf eines klassischen Dramas oder einer Erzählung wird als Spannungsbogen bezeichnet. Egal ob „Maria Stuart“ von Schiller oder Shakespeares „Macbeth“, würde man ihn bildlich darstellen, müsste man einen Halbkreis zeichnen.
Die Spannung steigert sich langsam, bis sie ungefähr in der Mitte der Erzählung ihren Höhepunkt erreicht (Klimax) und dann bis zum Finale wieder abfällt. Spannung kann bereits im ersten Satz eines Romans erzeugt werden, sie sollte aber bis zum Ende auf einem bestimmten Niveau gehalten werden, damit die Leser:innen nicht das Interesse verlieren. Ob Krimi oder Darstellung einer historischen Persönlichkeit, ohne Spannungsbogen ist ein Roman langweilig. Der Spannungsbogen kann auf unterschiedliche Weise strukturiert werden. Dieser Verlauf ist quasi das Grundgerüst des Romans.
Im klassischen Drama hat ein Spannungsbogen fünf Stufen: Die Handlung beginnt mit der Exposition und steigert sich bis zum ersten erregenden Moment. Daraufhin wird die Handlung vielschichtiger, es gibt mehr Kuren und mehr Störelemente, bis schließlich der Spannungshöhepunkt erreicht wird. Das Drama wird noch nicht aufgelöst, es gibt noch eine Verzögerung, die die Spannung bis zum dramatischen Ende der Geschichte aufrechterhält – in der Regel eine Katastrophe. Diese Struktur entspricht einem Drama in fünf Akten. Autoren halten sich nicht immer akribisch an vorgegebene Handlungsmodelle. Oft wird ein bekanntes Schema variiert. So wird größtmögliche Individualität erreicht, zeigt die Autor:in ihren persönlichen Stil.
Beispiele für eine Antiklimax: abfallende Steigerung in der Linguistik
Die Klimax ist eine stufenartige Steigerung von Ausdrücken und ein häufiges Stilmittel in der Rhetorik. Der Begriff stammt aus dem altgriechischen und bedeutet Leiter oder Treppe. Die Steigerung verstärkt die Gesamtaussagedeutlich.Beispiel aus dem Märchen „Rumpelstilzchen“ der Brüdern Grimm: „Heute back’ ich, morgen brau’ ich, übermorgen hol’ ich der Königin ihr Kind“. Doch auch die Antiklimax wird in der Linguistik immer wieder als Stilmittel eingesetzt. Beispielsweise kann eine Rede durch die absteigende Rangfolge vom Wichtigen zum weniger Wichtigen charakterisiert sein. Ein Beispiel für eine abfallende Steigerung wäre die Aufzählung „Urgroßmutter, Großmutter, Mutter und Kind“.
Das Báthos: verbreitetet Variante der Antiklimax
Das Báthos (altgriechisch = Tiefe) ist eine humoristische Form der Antiklimax und ebenfalls ein gerne verwendetes Stilmittel. Es begegnet uns in ganz unterschiedlichen Texten, hauptsächlich in expressionistischen Gedichten. Es beschreibt den Effekt, der entsteht, wenn unangemessen oder verfehlt pathetisch gesprochen wird.
Der Begriff symbolisiert im übertragenen Sinne „gesunken sein“ und „niedrig stehen“. Dabei stellt man einen höheren Wert (das Erhabene) einem niedrigeren (das Lächerliche) gegenüber. Durch die Gegenüberstellung von zwei Werten, die sehr weit auseinander liegen, lässt sich Komik, aber auch Drastik zum Ausdruck bringen.
Häufig wirken derartige Formulierungen unfreiwillig komisch. Ein Beispiel, das die Gegenüberstellung zweier sehr konträrer Werte sehr gut verdeutlicht: „Die Überschwemmung kostete 11 Menschen das Leben. Seither habe ich einen feuchten Keller.“ Die Aussage erscheint unsinnig, sogar teilweise unmoralisch, weil zwei Geschehnisse (ein starkes und ein schwaches) gegenübergestellt werden, die man eigentlich nicht miteinander vergleichen kann.