Warum war 536 das schlimmste Jahr der Geschichte? Erklärung, Bedeutung, Definition

Warum war 536 das schlimmste Jahr der Geschichte, Erklärung, Bedeutung, Definition


Geschichtswissenschaftler sind sich heute einig, dass es im Jahr 536 eine Reihe von Naturkatastrophen gab und es deshalb ohne Bedenken als das schlimmste Jahr der Geschichte bezeichnet werden kann. Auslöser ist ein Naturereignis, das zu einer Kettenreaktion führte und in ganz Mitteleuropa für Jahrzehnte dramatische Folgen hatte.

Warum war 536 das schlimmste Jahr der Geschichte? Erklärung, Bedeutung, Definition

Im frühen Mittelalter hatten die Menschen noch nicht das Wissen und das Verständnis für naturwissenschaftliche Phänomene, sondern erklärten sich vor allem ungewöhnliche Wetterphänomene mit dem Wirken göttlicher Mächte. Auf mittelalterlichen Gemälden vom Ende des 16. Jahrhunderts, beispielsweise dem Gemälde „Triumph des Todes“ von Pieter Brueghel d. Ä., sind apokalyptische Zustände dargestellt, die von dem riesigen Ausmaß und der großen Angst der Bevölkerung vor Naturgewalten zeugen.

Es gibt noch weitere Ereignisse in der Geschichte, von denen jedes einzelne als das schlimmste auf Erden angesehen werden könnte. Nicht zuletzt sind es der Beginn des ersten und zweiten Weltkrieges, die die Welt auf den Kopf stellten. Auch die Pest im Jahr 1349, der gut die Hälfte der europäischen Bevölkerung zum Opfer fiel, ist zweifellos ein ähnlich dramatisches Ereignis. DAie Pest hatte ebenso verheerende Folgen wie die Spanische Grippe im Jahr 1918. Man geht davon aus, dass die Seuche 100 Millionen Menschen tötete.

Dennoch gilt das Jahr 536 für viele Historiker als das schlimmste aller Zeiten, denn hier kumulierten sich verschiedene Ereignisse, so dass die Menschen jahrzehntelang unter den Folgen leiden mussten. Hinzu kommt, dass mehrere Zeitzeugen und Geschichtsschreiber das Jahr 536 als den Beginn des kältesten und dunkelsten Jahrzehnts der letzten 2.300 Jahre auf der Nordhalbkugel beschreiben. Das sind einmal der Geschichtsschreiber Prokopios, außerdem der Römer Flavius Cassiodor und Michael der Syrer.

Sie berichten übereinstimmend von einer dramatischen Zeit mit sehr niedrigen Temperaturen, Schneefall im Sommer und von vielen Jahren großer Missernten. Die Sonne hatte keinerlei Strahlkraft und wirkte verfinstert. Man sah darin ein Vorzeichen eines großen Übels, das den Menschen den Tod bringt. Die Vorahnung bestätigte sich. Mittlerweile kann man die Ursachen der Ereignisse, die ungefähr die Hälfte der Bevölkerung des oströmischen Reiches tötete, wissenschaftlich erklären, wenn auch nicht zu 100% belegen.

Vulkanausbrüche als Ursache Nr. 1

Den Beginn des katastrophenreichen Jahrzehnts bezeichnen Klimahistoriker und Geschichtswissenschaftler heute als die „Wetterannomalie von 535/36“. Anhand untersuchter Baumringe konnten sie 1990 belegen, dass der Sommer des Jahres 536 (und noch viele Jahre danach) etwa 2,5 °C kälter war als sonst üblich. Als Ursache der anhaltenden Verdunklung des Himmels und der damit zusammenhängenden Kälteperiode sah man bis vor wenigen Jahren eine Reihe von Asteroidenenschlägen in Australien und mehrere Vulkanausbrüche an, wobei nicht klar war, wo diese stattgefunden haben könnten. Doch 2018 kam es zu bahnbrechenden Erkenntnissen, die deutlich mehr Aufschluss über die Ereignisse gaben und sich auch geografisch eingrenzen lassen.

Jahr 536: Neueste Erkenntnisse im Jahr 2018

Einen neuen Versuch zur Klärung der Ursachen der Verdunklung von 536 und der damit zusammenhängenden Missernten unternahm ein Team um den Glaziologen Paul Mayewski von der Universität Maine (USA). Sie gehen davon aus, dass der Vulkanausbruch in Island am Jahresanfang 36 stattfand und ungeheure Aschemengen über die nördliche Hemisphäre verteilt haben muss. Kurz darauf, nämlich in den Jahren 540 und 547, fanden weitere heftige Vulkanausbrüche auf Island statt.

Die These der Wissenschaftler wurde durch Untersuchungen von polaren Eiskernen aus der Antarktis und aus Grönland untermauert. Diese Eiskerne enthielten Spuren von Schwefel und weiteren Substanzen, die man mit den Baumringen abglich. Forscher der Universität Bern wiederum bestätigten, dass jeder außergewöhnlich kalte Sommer der letzten zweieinhalb Jahrtausende mit einem Vulkanausbruch einher ging.

Spuren aus dem ewigen Eis als wissenschaftlicher Beleg

Für ihre neuesten Forschungen suchten Mayewski und sein Team nach Eruptionsspuren am Gletscher des 4453 m hohen Colle Gnifetti (Schweizer Alpen). Aus einem 72 m langen Eiskern, der 2013 aus dem Gletscher entnommen worden war, konnten sie wertvolle Klimainformationen ablesen.

Neueste Bildgebungsverfahren machten es möglich, winzig kleine Partikel vulkanischen Glases zu identifizieren und sie dem Jahr 536 zuzuschreiben. Die chemische Zusammensetzung der Substanzen ist so eindeutig wie ein Fingerabdruck. So liegt die Vermutung mehr als nahe, dass die Teilchen in diesem Eiskern vom einem isländischen Vulkan stammen uns sich in ganz Mitteleuropa verbreitet haben. Diese Untersuchungsmethode wurde mittlerweile auch von Wissenschaftlern der Universität Nottingham angewendet und als wirksam bestätigt.

Autor: Pierre von BedeutungOnline

Hallo, ich bin Autor und Macher von BedeutungOnline. Bei BedeutungOnline dreht sich alles um Worte und Sprache. Denn wie wir sprechen und worüber wir sprechen, formt wie wir die Welt sehen und was uns wichtig ist. Das darzustellen, begeistert mich und deswegen schreibe ich für dich Beiträge über ausgewählte Worte, die in der deutschen Sprache gesprochen werden. Seit 2004 arbeite ich als Journalist. Ich habe Psychologie und Philosophie mit Schwerpunkt Sprache und Bedeutung studiert. Ich arbeite fast täglich an BedeutungOnline und erstelle laufend für dich neue Beiträge. Mehr über BedeutungOnline.de und mich erfährst du hier.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert