Kriege werden aus gesellschaftlichen und machtpolitischen Gründen geführt. Diese wiederum sind mit finanziellen Aspekten verbunden. Die Kriegsgewinnler vergangener Epochen finanzierten bereits die Feldzüge und Kriege namhafter Kaiser und Könige. Sie stellten ihren Kunden die Mittel und ihrer persönlichen Kontakte zur Verfügung, damit die benötigten Soldaten und deren Ausrüstung finanziert werden konnte.
Die Gewinnler erhielten wiederum das von ihnen bereitgestellte Geld sowie einen entsprechenden Zinssatz. Alternativ nahmen sie Titel und Ländereien als Gegenleistung an. Ein gutes Beispiel ist Wallenstein, der im Dreißigjährigen Krieg für den Kaiser nicht nur die Funktion des Geldbeschaffers übernahm. Darüber hinaus war er noch General der von ihm gestellten Soldaten und Ansprechpartner der geldgebenden Handelshäuser. Mit ihnen hatte er Verträge, die ihm auf Kosten der Bevölkerung ein Vermögen sicherten.
Wie geht ein Kriegsgewinnler vor?
Die Strategie, die ein Kriegsgewinnler wählt, hängt von seinem gegenwärtigen Einfluss, seinem Produkt sowie seinen zukünftigen Ambitionen ab. Dazu gehören ein stark ausgeprägter Egoismus, Durchsetzungsfähigkeit und Skrupellosigkeit. Das von ihm nutzbare Zeitfenster kann klein, aber auch groß sein. Viele Vertreter verfügen bereits von Anfang an über überdurchschnittliche finanzielle Mittel und Kontakte im In- und Ausland. Zu diesen zählen verschiedene Interessensvertretungen aus Politik und Wirtschaft.
Vom ersten Tag an vermittelt er sich ein Bild von der Situation und denen sich ihm bietenden Möglichkeiten. Oft hat er internationale Kontakte, die ihm bereits im Vorfeld ein objektives Bild bieten. Hierbei kann er abschätzen, mit welchem Einsatz ein extrem hoher Preis erzielbar ist. Wie es dabei der Bevölkerung im In- und Ausland geht, ist ihm oft egal. Seine Strategie kann sich auf ein regional begrenztes Gebiet oder aber auf ganze Staaten beziehen.
Bei seiner Planung bezieht er gezielt Ansprechpartner in seine Vorhaben ein, die entweder wirtschaftlich nur überleben oder aber wohlhabend werden möchten. Zusammen mit ihnen baut er ein legales oder auch illegales Netzwerk auf. Jeder Punkt in diesem Netzwerk stellt dann die zuvor vereinbarten Ressourcen Preisen zur Verfügung. Er bedient sich dabei vornehmlich eines Monopols oder Kartells.
Da der Kriegsgewinnler davon ausgeht, dass die von ihm angebotenen Ressoucen von unterschiedlichen Zielgruppen abgenommen werden, kann er trotz seines Aufwands einen hohen Gewinn erzielen.
In welchen Branchen findet man Kriegsgewinnler?
Grundsätzlich suchen sich Kriegsgewinnler die Branchen, deren Produkte während der Friedens- und Krisenzeiten sowohl von der Industrie, dem Handel als auch von der Zivilbevölkerung als extrem wichtig und essentiell angesehen werden.
Hierzu gehören Nahrungsmittel, Treibstoffe wie Öl und Benzin sowie verschiedene Anlagegüter. Zu ihnen zählen technische und digitale Entwicklungen, die in Krisenzeiten in größerer Stückzahl nachgefragt werden. Die erhöhte Nachfrage ergibt sich durch die Hamsterkäufe. Viele legen verschiedene Lager an, da sie so der befürchteten Verknappung begegnen wollen. Schon während der Hamsterkäufe erhöhen die eventuellen Kriegsgewinnler ihre Preise. Allerdings ist der Anbieter ebenfalls von spontanen Preiserhöhungen abhängig. Diese gibt er an seine Kunden mit einem zusätzlichen und überhöhten Preisaufschlag weiter.
Kriegsgewinnler im Ersten Weltkrieg
Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914 musste in ganz Europa die Wirtschaft umgestellt werden. Dienstleistungen und Produkte, die in Friedenszeiten verstärkt hergestellt, angeboten oder nachgefragt wurden, wichen denen vom Staat verlangten kriegsorientierten Gütern. Auf diese Weise wurden zivile Erzeugnisse zunehmend knapp und teuer. Durch die Blockade der Alliierten verschärfte sich diese Situation. Ein Luxusartikel der unter den Bedingungen von 1913 beispielsweise noch 1 Reichsmark kostete, wurde während des Krieges für 100 bis 1000 Reichsmark angeboten. Die Gewinnmarge von 99 bis 999 Prozent kam den Kriegsgewinnlern zu Gute.
Die Stahl- und Chemie-Industrie konzentrierte sich beispielsweise jeweils auf die Herstellungen von Kanonen, militärische Anlagen und andere benötigte Produkte. Die Bezahlung übernahm der Staat. Dieser hebelte zum größten Teil das Verhältnis zwischen der natürlichen Nachfrage und dem entsprechenden Angebot aus. Die Ansprechpartner der Regierung waren eine überschaubare Anzahl von Unternehmen, die ihre Produktionen gezielt auf die Wünsche des Kaiserreichs ausrichteten. Hierbei konnten sie maßgeblich auf die Preisgestaltungen einwirken, die nur zwischen ihnen als Rüstungsbetrieben und dem nachfragenden Kriegsministerium stattfanden.
Kriegsgewinnler profitierten außerdem von der Ausgabe von Kriegsanleihen, die von größeren Bevölkerungsschichten gezeichnet wurden. Diese Bürger gaben ihr Geld für Papiere, die im Fall eines Sieges großzügig verzinst werden sollten. Auf der Grundlage der Niederlage von 1918 verloren sie jedoch alles, während sich die Profiteure der finanziellen Mittel bedienten. Auf diese Weise konnten viele der Beteiligten Vermögen aufbauen, die sie durch geschickte Investitionen in der Nachkriegszeit steigerten.
Nach dem Krieg konnten die Kriegsgewinnler ihre Produktionen oder den Handel mit den erwirtschafteten Geldern auf zivile Güter umstellen. Dazu kamen Beteiligungen an Unternehmen im Ausland.
Kriegsgewinnler im Dritten Reich
Während des Dritten Reichs und des Zweiten Weltkrieges waren demokratische Rahmenbedingungen ausgehebelt worden. Die Machthaber bedienten sich während dieser Zeit am Vermögen von Menschen und Staaten, die sie mit Gewalt unterwarfen. So profitierte das NS-Regime schon vor dem Krieg von dem Modell des Volkswagens für Jedermann. Die von den Interessenten eingezahlten Raten flossen jedoch in die Rüstungsindustrie. Einen eigenen Volkswagen erhielt kaum jemand.
Kriegssteuern und Kriegsordnungen zur Bekämpfung von Kriegsgewinnlern?
Einzelne Länder erhoben während der Kriegszeit eine Kriegssteuer, mit der die Gewinne vermeintlicher Kriegsgewinnler abgeschöpft werden sollten. Diese Steuern wurden von allen Steuerpflichtigen erhoben, die beispielsweise ein Einkommen von über 2.500 Reichsmark erzielten. Allerdings beschränkte man diese Kriegssteuern auf einen bestimmten Prozentsatz des erzielten Gewinnes. Auf diese Weise wurden diese Einkünfte mit Rücksicht auf die gegenseitigen Wirtschaftsinteressen trotzdem geschützt.
Parallel wurde zum Schutz der Kriegswirtschaft eine Kriegsordnung ins Leben gerufen. Die sogenannten Kriegswirtschaftsverordnungen stellten alle Handlungen unter Haft- oder Todesstrafe, die kriegswichtige Rohstoffe oder gleichwertige Erzeugnisse der Bevölkerung entziehen. Zu den Verbrechen zählten beispielsweise das Schwarzschlachten, der Schwarzmarkthandel oder Bezugsscheinbetrug. Solche Verbrechen wurden von Sondergerichten abgeurteilt.
Kriegsgewinnler nach dem Zweiten Weltkrieg
Nach dem Ende des Dritten Reiches gab es in Deutschland wenige Lebensmittel. In dieser Zeit gelang es einer Reihe von Schwarzmarkthändlern die benötigten Nahrungsmittel aufzutreiben. Sie verkauften ihre Waren auf den Schwarzmärkten zu stark überteuerten Preisen. Dabei nahmen sie Dollars, britische Pfund oder aber hochwertige Luxusgegenstände als Zahlungsmittel an. Diese Kriegsgewinnler häuften in einigen Fällen jeweils ein Vermögen an. Mit der Währungsreform 1949 wurde die Deutsche Mark eingeführt. Gleichzeitig verloren die Schwarzmärkte an Bedeutung, da alle benötigten Artikel regulär und zu handelsüblichen Preisen erworben werden konnten.
Wer als Schwarzmarkthändler oder Kriegsgewinnler von der Militärpolizei der Alliierten verhaftet wurde, musste mit Haft- und Geldstrafen rechnen.
Kriegsgewinnler im zivilen Geschäftsleben
Viele Menschen nehmen Kredite auf, mit denen sie unterschiedliche Ziele verfolgen. Einige wollen ein Haus bauen oder kaufen, andere erwerben Investitionsgüter. Kommt der Kreditnehmer in Zahlungsverzug, kann das gewährende Kreditinstitut seine Forderung nur unter großen Schwierigkeiten realisieren. Statt den Betrag in kleinen Raten durch einen Gerichtsvollzieher eintreiben zu lassen, verkauft die Bank ihre Forderung an einen gewerblichen Händler. Dieser zahlt nur einen Teil des offenen Betrages. Beim Einzug geht er dann ohne Rücksicht auf die Interessen des Schuldners und ehemaligen Kunden des Kreditinstituts vor. Dabei hält sich der neue Gläubiger nur an die gesetzlichen Regeln. Es kommt ihm nur auf den Einzug des Geldes und seiner hohen Gebühr an. Die Folgen bestehen meistens in Zwangsversteigerungen und weiteren Unkosten, die der Schuldner tragen muss.
Kriegsgewinnler in neutralen Staaten
Zwischen verschiedenen Staaten kommt es zu einem Krieg. Dieser Krieg wirkt sich auch auf andere Länder aus, wo Einzelpersonen oder Unternehmen zu Kriegsgewinnlern werden können. Eine grundlegende Überlegung besteht darin, dass jedes der kriegsführenden Länder seine Exporte in andere nicht beteiligte Staaten einschränken muss oder soll. Wird die Produktion dort unterbrochen oder komplett eingestellt, dann müssen die Nachfrager auf andere Märkte ausweichen. Die führenden Teilnehmer auf diesen Drittmärkten wissen jeweils um das Angebotsdefizit.
Wer ein knappes Gut anbietet, das sowohl von der Industrie als auch von privaten Haushalten nachgefragt wird, kann den Preis diktieren. Er schlägt eine zusätzliche Marge auf, die seinen Profit merklich steigert.
Alternativ zum Drosseln der Produktion kann es zu einem Embargo kommen. Viele Mitglieder der internationalen Staatengemeinschaft wie der UNO, der NATO oder der EU fassen Beschlüsse, die den Marktteilnehmern der beteiligten Staaten verbieten, spezielle Artikel von dem geächteten Land zu kaufen oder an dieses zu veräußern. Auf diese Weise werden dort die vermehrt benötigten Produkte sehr knapp und müssen von den Nachfragern zu sehr hohen Preisen eingekauft werden. Von dieser Wechselwirkung profitieren in erster Linie Kriegsgewinnler.
In den 70er und 80er Jahren galt dieses Szenario vor allem für die Länder des Ostblocks und Südafrika. Am Kap führte man die Apartheid ein, mit der alle farbigen Bürger in ihren Rechten stark eingeschränkt wurden. Dieser Politik trat die Staatengemeinschaft mit einem Embargo erfolgreich entgegen, das wiederum Kriegsgewinnlern zahlreiche Chancen bot.
Ein aktuelles Beispiel ist der Krieg in der Ukraine. Da viele Nahrungsmittel sowie Öl als auch Gas aus Russland oder der Ukraine stammen, können Verkäufer über die Verknappung höhere Preise durchsetzen.
Welche Probleme können Kriegsgewinnler bekommen?
Liefert ein Händler, der sich als Kriegsgewinnler betätigt, in ein Land, über das ein Embargo verhängt wurde, verstößt er gegen das Gesetz. Hierbei kann es sich um ein nationales oder aber auch internationales Recht handeln. Aus diesem Grund wählen einige den Weg über neutrale Drittstaaten, in denen sich beispielsweise sogar die eigentlichen Produktionsstätten der verbotenen Waren befinden. Mithilfe von Firmen, die zu diesem Zweck im neutralen Ausland gegründet werden, können sie die vom Embargo betroffenen Waren in ihre Zielländer liefern. Diese Geschäfte sind moralisch sehr bedenklich, aber auch sehr profitabel. Sie werden deshalb von zahlreichen internationalen Organisationen verfolgt und geahndet.
Nicht jeder Kriegsgewinnler kann seine Geschäfte über seinen heimischen und neutralen Schreibtisch durchführen. Einige müssen sich in das Krisengebiet begeben und setzen gleichzeitig ihr gesamtes Vermögen ein. Sie beschaffen sich Fahrzeuge und andere Transportgelegenheiten, die sie jedoch nicht versichern können. Wird das betreffende Schiff, das Flugzeug oder das Fahrzeug von einem Gegner oder dem embargoführenden Land eingezogen, verliert der Kriegsgewinnler alles. Muss er sich auch persönlich im Krisengebiet einfinden, können bei einer Verhaftung empfindliche Strafen und massive Einschränkungen auf ihn warten. Sie reichen von einer langen Haft- bis zur Todesstrafe. Gleichzeitig verliert der Kriegsgewinnler seine bürgerlichen Ehrenrechte in seinem Heimatstaat und kann beispielsweise vom Internationalen Gerichtshof in Den Haag wegen verschiedener strafrechtlicher Delikte verurteilt werden.
Aber auch Bürger von kriegsführenden Ländern können sich als Kriegsgewinnler betätigen. Verfügen sie über politischen oder gesellschaftlichen Einfluss, führen ihre Tätigkeiten in den meisten Fällen zu Korruption und zum Abbau sozialer Errungenschaften. Es zählt dann nur noch derjenige, der finanziell unabhängig ist und über die maßgeblichen Kontakte verfügt.
Kriegsgewinnler im Film
Dem Thema Kriegsgewinnler haben sich auch der Film und die Dokumentation angenommen. So geht es in „Spiel der Geier“ von 1978 um einen Waffenhändler. Dieser versucht Hubschrauber an das vom Embargo betroffene südafrikanische Militär zu liefern. In „Lord of War“ mit Nicolas Gage schildert ein international tätiger Waffenverkäufer seine Aktivitäten sowie die damit verbundenen Probleme. Hierbei werden jedoch auch die Verbindungen zwischen den einzelnen Machtzentren angedeutet. Die Dokumentation „“9/11“ von Michael Moore beschäftigt sich mit zahlreichen Fragen, die die Verbindungen zwischen dem Waffenhandel und den Anschlägen auf das World Tradecenter beleuchten sollen.