Die Kettensäge wurde im 18. Jahrhundert von zwei schottischen Ärzten – John Aitken und James Jeffray – erfunden, um gebärenden Frauen die Beckenknochen durchzusägen, um dem Kind auf die Welt zu helfen. Das war nötig, wenn ein Kind beispielsweise zu groß für den Geburtskanal war oder nicht richtig für eine Geburt positioniert war. Mit der Säge wurde damals der Beckenknochen (die Symphyse) durchgesägt oder entfernt – eine sogenannte Symphysiotomie – um mehr Platz für das Kind im Geburtskanal zu schaffen.
Wie sah die erste Kettensäge aus?
Die Kettensäge von John Aitken und James Jeffray erinnerte nur grob an das, was wir heute als Kettensäge kennen. Die ursprünglich als Knochensäge entwickelte Kettensäge bestand aus zwei Handgriffen, zwischen denen eine Kette hindurchgeführt wurde. Diese Kette bestand aus beweglichen, gezahnten Gliedern. Durch ein Hin- und Herziehen dieser Kette mit den Handgriffen konnten Knochen zersägt werden.
Welche Folgen hatte der Einsatz einer solchen Kettensäge bei Geburten?
Da die medizinischen Entwicklungen im 18. Jahrhundert noch nicht annähernd so gut waren wie heute, war der Einsatz einer Kettensäge und das Zersägen von Beckenknochen tatsächlich eine valide Notfallmaßnahme unter der Geburt. Aufgrund des mangelnden Wissens zu Hygiene und Sterilität war ein Kaiserschnitt zu dieser Zeit noch viel riskanter als die Symphysiotomie und endete fast immer mit dem Tod der Mutter durch Verbluten oder Infektionen. Ein Kaiserschnitt hatte zur damaligen Zeit eine Sterblichkeitsrate für die Mutter von fast 100 %.
Doch auch der Einsatz der Kettensäge bedeutete für die Mutter monatelange Schmerzen und barg ein hohes Infektionsrisiko. Auch für das Kind war der Eingriff höchst riskant, da es verletzt werden konnte.
Die Alternative war jedoch, nichts zu tun, was bei einer stagnierten Geburt für Mutter und Kind mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zum Tod führt.
Wie entstand die heutige Kettensäge mit rotierender Kette?
Die erste Kettensäge von Aitkins und Jeffray war eine Kette, die man über zwei Handgriffe hin- und herbewegen konnte. Bis auf die gezahnten Kettenglieder gab es also kaum Ähnlichkeit zur heutigen Kettensäge mit rotierendem Sägeblatt und Motor. Doch auch diese moderne Version der Kettensäge ist eine Erfindung der Medizin.
1830 präsentierte der Instrumentenbauer und Orthopäde Bernhard Heine seine neuste Erfindung: das Osteotom. Der Begriff stammt aus dem Altgriechischen. „Osteo“ bedeutet Knochen und „Tomia“ bedeutet Schnitt.
Bernhard Heine hatte damals eine Knochensäge zum Öffnen von Schädeln entwickelt, von der er sich eine deutlich exaktere Schnittführung versprach als damals möglich. Zu der Zeit wurden Schädelöffnungen mit Hammer und Meißel oder einem Bohrer durchgeführt. Mit diesem Osteotom hatte Bernhard Heine das grundlegende Prinzip entwickelt, das auch heute noch modernen Kettensägen mit Motor zugrunde liegt.
Seit wann gibt es die heutige Kettensäge?
Obwohl das Prinzip für die rotierende Kettensäge schon 1830 geboren war, dauerte es bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts, bis die erste elektrische Kettensäge auf den Markt kam. Zuvor hatte es Versuche mit dampfbetriebenen oder mechanischen Kettensägen mit rotierendem Sägeblatt gegeben, die sich allerdings aufgrund von Unhandlichkeit oder Fehleranfälligkeit nicht durchgesetzt hatten. Ein Jahr nach der elektrischen Kettensäge kam auch die benzinbetriebene Motorsäge auf den Markt. Diese Sägen mussten zunächst von zwei Personen bedient werden, da sie sehr schwer waren.