Bei der Fußball Europameisterschaft 2021 ist zu beobachten, dass die Spieler einiger Mannschaften vor dem Anpfiff am Mittelkreis niederknien. Hierbei handelt es sich um eine Geste mit großer Symbolkraft. Denn die jeweiligen Spieler solidarisieren sich hiermit mit der sogenannten „Black Lives Matter“-Bewegung.
Warum knien Spieler bei der EM? Niederknien, Kniefall Bedeutung, Erklärung
Im bisherigen Turnierverlauf knieten beispielsweise die belgische und die englische Nationalmannschaft vor ihren Spielen nieder, um sich mit dem Kampf gegen Rassismus zu solidarisieren. Auch die schottische Mannschaft plant, sich vor dem Spiel gegen England gemeinsam mit der englischen Nationalelf niederzuknien. Andy Robertson, Spieler des FC Liverpool und Kapitän der schottischen Elf begründet dieses Vorgehen wie folgt: „Schottlands Mannschaft ist gegen Rassismus, aber am Freitag werden wir gegen Ignoranz und aus Solidarität zu England niederknien.“
Wie ist die Position der UFEA zu den Protesten
Bei allen Spielen die vom europäischen Fußballverband UEFA ausgetragen werden, gelten die Disziplinar-Regularien des Verbands. Somit gelten diese Richtlinien auch für die Spiele der Europameisterschaft. In diesen Disziplinar-Regularien wird explizit „die Verwendung von Gesten, Worten, Gegenständen oder anderen Mitteln zur Übermittlung von provokativen Botschaften, die nicht zu einem Sportereignis passen, besonders provokante Nachrichten politischer, ideologischer, religiöser oder beleidigender Art“ untersagt. In der Vergangenheit wurde diese Regulierung sehr eng ausgelegt. Die UEFA begründete dieses Vorgehen damals mit der politischen Neutralität des Fußballsports. Trotzdem müssen die knienden Spieler keine Bestrafung fürchten. Denn die UEFA lässt das Knien nicht nur straffrei zu, sondern ermuntert auch die Spieler aktiv sich daran zu beteiligen. So betont die UEFA in einem Statement gegenüber der Sportschau, dass „Jeder Spieler, der eine Gleichstellung von Menschen fordert, indem er sich niederkniet, […] die Erlaubnis [seitens der UEFA] dazu“ hat. Als Begründung führt der Kontinentalverband an, dass er „mit null Toleranz gegen Rassismus“ eintrete und deshalb das Niederknien der Spieler begrüße.
EM Knien / Kniefall: Gibt es auch Kritik?
Viele Kritiker beziehen sich nicht direkt auf das durch das Niederknien vertretene Statement für Gleichberechtigung und teilen mit, dieses Ziel ebenfalls zu verfolgen. Vielmehr bezieht sich die Kritik zumeist darauf, den eigentlich unpolitischen Sport vermeintlich zu instrumentalisieren. Auch die Rolle der UEFA wird in diesem Zuge häufig hinterfragt. So wird darauf hingewiesen, dass diese in anderen Fällen vehement alle politischen Symboliken im Sport bekämpfe und argumentieren, dass die Neutralität der UEFA untergraben werde, wenn diese sich mit der Black Lives Matter-Bewegung solidarisiere. Während der Großteil der teilnehmenden Mannschaften den Protest nicht aktiv unterstützt und vor den Spielen nicht kniet, gibt es nur wenige, die sich explizit dagegen ausgesprochen haben. Der ungarische Fußballverband MLSZ hingegen positioniert sich explizit gegen das Niederknien vor Spielbeginn und bezieht sich bei der Kritik explizit nicht auf die durch die Aktion vermittelte Botschaft, sondern die Form des Protests. In einer Mitteilung des Verbands begründet der MLSZ seine Haltung: „Die Regeln von UEFA und FIFA erlauben keine Politik auf dem Spielfeld und im Stadion. Der MLSZ akzeptiert das nicht nur, sondern stimmt dem auch zu. Die Nationalmannschaft wird ihre Verurteilung jeglicher Form von Hass nicht durch Knien vor den Spielen zum Ausdruck bringen.“
EM Niederknien / Kniefall: Reaktion der Fans
Viele Fans stehen dem symbolträchtigen Niederknien positiv gegenüber. Allerdings gibt es auch Fans, die die Aktion nicht nur kritisch sehen, sondern diese auch mit Buh-Rufen begleiten. So Buhten beispielsweise russische Fans beim Niederknien der belgischen Nationalelf vor dem Spiel in St. Petersburg gegen die russische Mannschaft. Dass sich dieser Protest auf eine Ablehnung der Black Lives Matter-Bewegung oder gar einer Befürwortung von Rassismus kann hieraus allerdings nicht ohne Weiteres gefolgert werden. Denn insbesondere die russischen Fans sind bezüglich potenzieller politischer Statements bei der Europameisterschaft sensibilisiert, da ein Streit zwischen der russischen und ukrainischen Delegation bezüglich der ukrainischen Trikots entbrannte. Auf diesen Trikots ist ein Umriss der Ukraine inklusive der Bürgerkriegsgebiete im Donbass und der Krim zu sehen. Ebenso war am Kragen die Losung „Ruhm der Ukraine! – Den Helden Ruhm!“ eingeprägt. Die UEFA gab dem Einspruch der russischen Delegation teilweise recht, weshalb der Passus „Den Helden Ruhm“ wegen seiner militärischen Bedeutung und seiner historisch rechten beziehungsweise rassistischen Konnotation entfernt werden musste. Trotz ihres umstrittenen Status durfte die Krim aber weiterhin als Teil der Ukraine dargestellt werden. Auch in diesem Fall sehen deshalb viele russische Fans eine mangelnde Neutralität und eventuell eine pro-westliche Ausrichtung der UEFA.
Was versteht man unter der Black Lives Matter-Bewegung
Die Black Lives Matter-Bewegung wurde in den USA gegründet und hat sich mittlerweile zu einer transnationalen Bewegung entwickelt. Ziel dieser Bewegung ist es, sich gegen Gewalt gegen People of Color (PoC) einzusetzen. Um dieses Ziel zu erreichen, veranstaltet die Black Lives Matter-Bewegung regelmäßig Proteste gegen die Tötung von PoC durch Polizeibeamte beziehungsweise gegen Racial Profiling oder Polizeigewalt und Rassismus im Allgemeinen. Diese Proteste werden teilweise von Gewalt überschattet. Die Ursprünge der Black Lives Matter-Bewegung liegen im Jahr 2013, als das Hashtag #BlackLivesMatter in Folge des Freispruchs von George Zimmerman im Rahmen des Todesfalls des Afroamerikaners Trayvon Martin zunehmende Bekanntheit in den sozialen Medien erlangte. Um der Black Lives Matter-Bewegung Gehör zu verschaffen, solidarisierten sich viele Spieler der Nordamerikanischen Football League (NFL) seit 2016 mit den Protesten, indem sie während der amerikanischen Nationalhymne unter anderem knieten.