Die Begriffe Geistermusik bzw. Ghost Artists beschreiben ein Phänomen auf der Streaming-Plattform Spotify, das 2023 vermehrt um sich greift. Mit Ghost Artists werden Künstler auf Spotify bezeichnet, die gar keine echten Musiker oder Musikerinnen sind. Es handelt sich um Fake-Profile, unter deren Namen Musikstücke veröffentlicht werden.
Neben bekannten Musikern sind auf der Streaming-Plattform Spotify auch eine Reihe unbekannter Künstler vertreten, die ihre Profile mit spannenden Lebensläufen und attraktiven Stock-Fotos aufwerten. Oft sind diese Lebensläufe jedoch erfunden. Hinter den Profilen stecken „Geistermusiker“. Eine isländische Musikerin, die sich spiritueller Musik widmet, kann in Wahrheit ein Unternehmer aus Norwegen sein.
Die vermeintlichen Künstler und Künstlerinnen existieren nicht in Wirklichkeit, geben sich jedoch kreative Namen und interessante Lebensläufe. Man findet sie vor allem in Playlists, die besonders häufig abgerufen werden. Die Frage steht im Raum, ob Spotify hier manipuliert hat oder Nutzern die Manipulation zu leicht macht.
Was ist „Geistermusiker“ auf Spotify? Erklärung, Bedeutung, Definition
Journalisten ist es gelungen, einem vermeintlichen Künstler mehr als 100 verschiedene Fake-Profile zuzuordnen. Die Profilbilder stammen von Models und werden von Bildagenturen gegen Bezahlung, manchmal auch kostenfrei, angeboten. Eine kleine Gruppe schwedischer Musikproduzenten ist auf Spotify besonders aktiv und tritt unter hunderten frei erfundenen Künstlerbiografien auf. Erstaunlicherweise wurden diese Profile alle von der Streaming-Plattform verifiziert.
In manchen Playlists stammen 60 % aller Songs von Geistermusikern. Meist betrifft das Listen mit Entspannungsmusik, zum Beispiel die Playlist „Peaceful Piano“. Die eingängige Musik wird wie am Fließband produziert und ist unter diversen Profilnamen in stark frequentierten Playlists vertreten. Der Verdacht liege nahe, dass diese Musik gezielt nach oben gespült wird, sodass vor allem die Fake-Profile von der Geldausschüttung profitieren. Das Rechercheteam fand heraus, dass es eine Verbindung zum Label Firefly Entertainment aus Schweden gibt. Die Vorwürfe der Manipulation werden dadurch bekräftigt, dass einer der Gründer des Labels mit einem Spotify-Manager befreundet ist, der maßgeblich an der Entwicklung des Playlist-Konzeptes beteiligt war.
Wie die Tagesschau mitteilte, würde für einen Stream zwar relativ wenig Geld ausgeschüttet, da die Songs aber in reichweitenstarken Playlists vertreten sind, ist das unterm Strich trotzdem lukrativ. Der Bayerische Rundfunk erklärte, ihm lägen Künstlerangebote vor, welche die Vorgehensweise bestätigten. Spotify Deutschland bestreitet, dass sich Künstler in bestimmte Playlists einkaufen können. Man würde alle Listen künstlerisch unabhängig betreuen. Zur Verbindung zwischen Firefly Entertainment und der Streaming-Plattform äußert sich Spotify auf Nachfrage nicht. Auffällig: Firefly Entertainment ist, genau wie Spotify, ein schwedisches Unternehmen.
Welche Auswirkungen hat das Verteilungssystem von Spotify?
Unbestritten ist, dass die Künstler mit Fake-Profilen auf Spotify viel Geld verdienen. Denn die Plattform ist mächtig, hat mehr als 172 Millionen bezahlte Premium-Accounts. Wenn erfundene Künstler die Playlists überfluten, fallen die Gewinne für echte Künstler niedriger aus. Das liegt am Spotify-Verteilungssystem, das nach Anteil an der Gesamtanzahl der Streams Geld ausschüttet. Die Raten bemessen sich also nicht an der Zahl der Streams des einzelnen Künstlers. Dadurch profitieren hauptsächlich große Produzenten und Plattenfirmen. Kleine, unabhängige Künstler haben das Nachsehen.
Das Verteilungssystem der Streaming-Plattform, aber auch die Tatsache, dass Spotify Geld an Urheber verteilt, die gar nicht existieren, wird häufig kritisiert. In einigen Ländern steht es jetzt auch gerichtlich auf dem Prüfstand.