Warum ist der schiefe Turm von Pisa schief? Erklärung

Warum ist der schiefe Turm von Pisa schief, Erklärung


Der Schiefe Turm von Pisa wurde ab dem Jahr 1173 als separater Glockenturm für den bereits bestehenden Dom von Pisa erbaut. Er besitzt eine Höhe von 55,8 Metern bei einer aktuellen Abweichung von 3,9 Metern an der Spitze. Die ursprünglich geplante Höhe von 100 Metern ließ sich aufgrund der eintretenden Neigung nicht mehr verwirklichen.

Ursachen für die Absenkung des Glockenturms: Schiefer Turm von Pisa

Die Stabilität eines Turmes hängt von seiner Höhe, seiner Grundfläche und der Art des verwendeten Materials ab. Ein Fundament unterhalb eines Gebäudes dient dazu, das Gewicht auf den Untergrund zu verteilen, sodass dieser nicht nachgibt und keine Schäden am Bauwerk entstehen. Aus diesem Grund ist auch der vorhandene Boden für die Stabilität zu berücksichtigen.

Bei der Planung des Turmes entschied sich der Architekt für ein drei Meter tiefes Fundament aus Zement und Bruchstein. Bei dieser Entscheidung schenkte er allerdings dem morastigen und sandigen Untergrund zu wenig Beachtung. In der Antike befand sich an dieser Stelle ein Hafenbecken am Rande einer Insel, das durch den angeschwemmten Schlamm des Flusses Arno allmählich versandete. Im Jahr 1173 war dieser Bereich bereits vollständig verlandet, während die Setzung des Bodens weiter andauerte.

Das hohe Gewicht von 14.500 Tonnen bewirkt nicht nur eine Absenkung des Turmes, sondern bewirkt aufgrund des weichen Untergrundes auch eine Drehung um seine eigene Achse. Die Entscheidung für ein rundes Gebäude verstärkte die Probleme: Es lässt sich gegenüber einem eckigen Turm deutlich schwerer ausbalancieren. Gleichzeitig bewahrte der weiche Untergrund das Bauwerk allerdings vor Erschütterungen durch wiederholte Erdbeben.

Schiefer Turm von Pisa: Ablauf der Bauarbeiten und Änderungen in der Planung

Der Glockenturm von Pisa senkte sich bereits während der Bauphase, sodass die Arbeiten ab dem Jahr 1185 zunächst für 90 Jahre unterbrochen wurden. Zu diesem Zeitpunkt waren erst drei Stockwerke fertiggestellt. Um die Absenkung auszugleichen, beschlossen die Erbauer nach Wiederaufnahme der Arbeiten, bei der Konstruktion der nächsten vier Stockwerke den Neigungswinkel anzupassen. Aus diesem Grund lässt sich bei genauer Betrachtung erkennen, dass der Turm ab dem vierten Stockwerk nicht gerade, sondern krumm in die Höhe wächst.

Als weitere Maßnahmen entschied man sich auf der überhängenden Seite des Bauwerks für die Verwendung leichterer Materialien. Dies alles verhinderte jedoch nicht, dass im Jahr 1350 die Abweichung an der Turmspitze bereits 1,4 Meter betrug und verzögerte die Fertigstellung des Gebäudes weiter. Die Glockenstube über dem siebten Stockwerk konnte aus diesem Grund erst 1372 vollendet werden.

Schiefer Turm von Pisa: Sanierungsarbeiten in neuerer Zeit

Im Laufe der Jahrhunderte versuchte man immer wieder, durch eine Sanierung des Turms dessen Neigung zu verlangsamen. Im Jahr 1835 entfernte der Architekt Alessandro Gherardesca den schlammigen Boden unterhalb des Bauwerkes und ersetzte ihn durch ein Fundament aus Marmor. Diese Maßnahme vermochte eine weitere Absenkung allerdings nicht zu verhindern, sodass sich bis 1918 die Neigung an der Spitze auf 5,1 Meter verstärkte. Bis zum Jahr 1990 senkte sich der Turm jährlich um weitere 1 – 1,2 Millimeter ab und erreichte schließlich eine Abweichung von 5,5 Grad.

Dies gab den Ausschlag zu ausgedehnten Sanierungsarbeiten in den Jahren 1990 – 2003. Nachdem die Positionierung von Bleigewichten und Stahlreifen sowie die Verankerung mit Stahlseilen nicht den gewünschten Erfolg zeigten, entfernte man durch schräge Bohrungen tonnenweise Bodenmaterial unter der Nordseite des Turms. Zeitgleich bewirkten Gewichte an der Nordseite ein langsames Aufrichten des Bauwerks. Der Neigungswinkel hat sich seitdem um 44 cm vermindert.

Der Schiefe Turm von Pisa ist zwar weltberühmt, aber nicht einzigartig. Weltweit finden sich weitere Beispiele von Gebäuden, bei denen der instabile Untergrund im Laufe der Zeit zu einer Neigung geführt hat. In Venedig fällt sofort der schiefe Turm der Kirche San Giorgio dei Greci ins Auge – wie die ganze Stadt wurde er auf Pfählen im schlammigen Untergrund errichtet. Darüber hinaus existieren auch Bauwerke mit einem noch stärkeren Neigungswinkel: Mit 5,2 Grad überbietet der Glockenturm von Gau-Weinheim seit 1990 den Turm von Pisa.

Autor: Pierre von BedeutungOnline

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