Der Begriff Immunschuld (englisch: immunity debt) tauchte zum ersten Mal während der Corona-Pandemie im Jahr 2021 auf. Er gilt als eine Erfindung von Corona-Leugnern bzw. Corona-Verharmlosern und ist wissenschaftlich nicht zu belegen.
„Immunschuld“ meint, dass die Covid-19-Schutzmaßnahmen wie das Tragen von Masken oder das Abstandhalten dem Immunsystem, vor allem dem von Kindern, nachhaltig geschadet hätten. Umgekehrt ist damit gemeint, dass die Menschen sich besser der Infektion durch das Virus ausgesetzt hätten, damit sich ihr Immunsystem auf den Krankheitserreger hätte einstellen können. Diese simple Vorstellung des überaus komplexen Funktionierens des Immunsystems ist aber falsch. Die kanadische Ärztin Dr. Samira Jeimy, eine Immunologin am St. Joseph’s Health Care London in Ontario, hält die Idee, dass man krank werden muss, um ein gesundes Immunsystem zu entwickeln, sogar für Altweibergeschwätz und sagt, dass dies schlichtweg nicht wahr sei.
Was ist „Immunschuld“? Erklärung, Definition, Bedeutung
Es gibt viele verschiedene Aspekte von Schuld. Bei der Immunschuld geht um die Schuld der Verantwortung. Eine solche Schuld ist an eine Handlung oder Nicht-Handlung gebunden und entsteht dann, wenn die Handlung oder die Unterlassung einer Handlung jemandem schadet. Die Verknüpfung zwischen dem Täter und dem Betroffenen ist direkt und unmittelbar und kann nicht auf andere übertragen werden. Schuld ist persönlich und die Voraussetzung dafür ist, dass der Handelnde oder Nicht-Handelnde eine Wahlmöglichkeit hatte.
Der Begriff Immunschuld suggeriert allerdings, es handle sich um eine Kollektivschuld. In diesem Fall wäre es also die Schuld aller, die sich an die Corona-Schutzmaßnahmen gehalten haben. Juristisch gesehen gibt es allerdings keine Kollektivschuld. Eine solche würde nicht nur den Genfer Konventionen widersprechen, sondern auch der „aufgeklärten Grundhaltung europäischer Kulturtradition“ im Allgemeinen.
Der Mythos „Immunschuld“
Auf die Frage nach dem größten Irrtum bzw. größten Mythos in dem Fachgebiet der Virologie antwortete Isabella Eckerle, Virologin im Zentrum für Neuartige Viruserkrankungen in der Abteilung für medizinische Fachgebiete an den Universitätskliniken in Genf: „Dass wir Infektionen unbedingt brauchen, um unser Immunsystem zu stärken“. Ständig krank zu sein bedeutet für den Körper, ständig gegen Viren kämpfen zu müssen. Dadurch wird das Immunsystem aber geschwächt und nicht gestärkt, denn es tritt kein Lerneffekt ein.
Viren sind keine harmlosen Bakterien. Im Laufe der Evolution hat das menschliche Immunsystem gelernt, mit Bakterien umzugehen, weil es ununterbrochen mit ihnen konfrontiert wurde. Wo es nötig ist, helfen heutzutage Antibiotika. Das ist mit Viren aber völlig anders. Sie tauchten auch in sehr früher Zeit in Abständen und bei vereinzelten menschlichen Gruppen auf. Sie waren ansteckend innerhalb dieser Gruppen, töteten und wurden deswegen nicht weitergetragen. Auf Viren ist unser Immunsystem also nicht ausgelegt. Aus diesem Grund können sie Schäden verursachen, auch dauerhafte. Gegen einige Viren gibt es Impfungen (Masern, Polio), gegen die meisten Viren gibt es sie aber nicht. Leider gibt es gegen sie aber auch keine Immunität durch körpereigene Antikörper.
Nur wenige Infektionen haben eine gewisse Immunität zur Folge, beispielsweise bei der Influenza. Doch der Preis dafür ist hoch. Immer wenn der Körper mit der Erzeugung von Antikörpern auf Viren reagieren muss, wird das Immunsystem dauerhaft geschwächt. Eine Immunität auf bestimmte Viren bedeutet also keine Stärkung, sondern eine Schwächung des Immunsystems. Es ist also unsinnig zu behaupten, fehlende Infektionen würden das Immunsystem schwächen. Es ist genau umgekehrt. Ebenso ist es also unsinnig, krank werden zu wollen, um auf längere Sicht gesund bleiben zu können.
Die Corona-Schutzmaßnahmen haben keine Immunschuld zur Folge
Es gibt Ärzte, die behaupten, durch die Schutzmaßnahmen während der Corona-Pandemie gebe es eine „immunologische Lücke“. Das Immunsystem sei nicht trainiert worden. Aus solchen Behauptungen entwickelte sich der Vorwurf der Immunschuld. Er kommt von denen, die das Corona-Virus verharmlosen und die Maßnahmen dagegen als diktatorisch empfinden. Letztendlich handelt es sich bei diesem Vorwurf wie so oft um eine Vereinfachung eines komplexen Geschehens, das selbst Virologen noch nicht vollends verstanden haben. Corona-Leugner hingegen „wissen“, dass sie recht haben. Sie meinen, hätte es die Maßnahmen nicht gegeben, hätten sich die Menschen anstecken können. Sie wären zuerst krank, dann gesund und letztendlich immun geworden. Jetzt allerdings sei der „Trainingseffekt“ ausgeblieben und die Menschen werden als Folge schwer krank.
Diese Argumentation klingt in ihrer absoluten Schlichtheit logisch. Das genau ist das Fatale daran. Denn es war ausschließlich den Schutzmaßnahmen gegen das Corona-Virus zu verdanken, dass nicht noch mehr Menschen daran gestorben sind und es heute Impfungen gibt, die eine Ansteckung überleben lassen. Würde sich die Idee der Immunschuld durchsetzen und als Folge die Covid-19-Schutzmaßnahmen und zukünftig womöglich auch die gegen andere Viren ausbleiben, wäre dies nicht nur ein medizinischer, sondern auch ein aufklärerischer Rückschritt ohne gleichen.
Fazit: Was ist Immunschuld?
Den Begriff Immunschuld gab es bis 2020 noch nicht. Er verbreitete sich während der Corona-Pandemie und kommt aus der Ecke der Verschwörungstheoretiker. Immunschuld meint eine Art Kollektivschuld, die je nach Bedarf den Erwachsenen an den Kindern zugeschrieben wird, den „Angepassten“ an den „Freidenkern“ oder eben denen, die der Wissenschaft glauben an denen, die es besser wissen.
Es gibt in dieser Sache aber auch eine Theorie, die durchaus als Gegenposition gegen die Idee der Immunschuld angesehen werden kann. Es gibt die Vermutung, dass das Corona-Virus im menschlichen Immunsystem Spuren hinterlassen hat, und zwar bei denen, die sich damit angesteckt haben. Dabei sei es unerheblich, ob der Verlauf der Covid-19-Erkrankung schwer oder mild war, denn das Virus forderte in jedem Fall eine Reaktion des Immunsystems.
Von anderen Viren ist bekannt, dass sie längerfristige negative Auswirkungen auf das Immunsystem haben. Nach einer Masern- oder Influenza-Infektion haben Betroffene häufig noch lange Zeit mit Folgeerkrankungen zu kämpfen, auch durch bakterielle Erreger. Möglicherweise ist dies auch nach einer Covid-19-Erkrankung der Fall. Noch fehlen die Beweise, aber die Theorie ist plausibel und widerspricht einer Immunschuld. Trifft die Theorie zu, müssten auch zukünftig Corona-Schutzmaßnahmen unbedingt eingehalten werden.
Eine Kindergärtnerin, die ständig in Kontakt ist mit Viren und Bakterien, wird nicht mehr so leicht krank. Wenn jemand neu z.B auf einer Station anfängt, ist die Person erstmal ganz schön oft krank, bis sich das Immunsystem an die Mikrobenlast gewöhnt hat. Immunschuld, heisst ja nicht das man krank werden muss, sondern einfach nur mit Bakterien und Viren in Kontakt kommen sollte. Es ist die selbe Theorie die dem Putzfimmel und der Steigerung von Allergien und Asthma zugrunde liegt. Bauernhofkinder sind robuster!