Was ist eine Sarggeburt (Coffin Birth)? Bedeutung, Definition, Erklärung

Was ist eine Sarggeburt, Coffin Birth, Bedeutung, Definition, Erklärung


Sarggeburt ist ein Begriff aus der Rechtsmedizin des 20. Jahrhunderts. Heute spricht man von postmortaler, fetaler Extrusion. Er beschreibt ein extrem seltenes Phänomen, das jedoch einige Male im Laufe der Menschheitsgeschichte vorgekommen sein muss. Bei einer Sarggeburt hat eine bereits verstorbene, schwangere Frau ein Kind zur Welt gebracht. Für alle, die damit konfrontiert werden, ist es ein extrem befremdliches, beängstigendes, um nicht zu sagen unheimliches Ereignis.

Eine Sarggeburt ist nicht zu vergleichen mit einer natürlichen Geburt, bei der ein Kind durch Wehen zur Welt kommt. Forscher gehen davon aus, dass sie durch Zersetzungsprozesse im bereits verwesenden Körper eingeleitet wird. Durch Faulgase kommt es nach der Totenstarre bei schwangeren Leichen zu Kontraktionen der Gebärmuttermuskulatur. Es entstehen Faulgase, die zum Aufblähen des Leibes führen. Druck baut sich auf und der Fötus wird aus dem Körper gepresst. Wissenschaftlich betrachtet handelt es sich um eine Scheingeburt.

Aktuelle Zeugnisse einer Sarggeburt

In einem mittelalterlichen Grab im italienischen Bologna fanden Forscher 2010 die Skelette einer jungen Frau und ihres Fötus. Schädelverletzungen der Frau deuteten darauf hin, dass sie eine medizinische Behandlung erfahren hatte, die zu ihrem Tod führte. Das Kind war nach Auffassung der Forscher eine sehr seltene Sarggeburt, denn seine sterblichen Überreste lagern zwischen den Oberschenkeln der Mutter. Anhand der Größe des Fötus gingen sie davon aus, dass die Mutter bereits in der 38. Schwangerschaftswoche gewesen sein musste und entweder während oder kurz nach der Geburt verstarb. Die Frau litt aller Wahrscheinlichkeit nach an einer Schwangerschaftsvergiftung. Durch ein kleines Loch im Schädel versuchte man im Mittelalter, den ansteigenden Druck im Schädel zu senken. Da bereits Heilungsprozesse eingesetzt hatten, muss die Frau nach der Behandlung noch eine Weile gelebt haben. Derartige Schwangerschaftskomplikationen sind bis heute aktuell und können immer noch zum Tode von Mutter und Kind führen.

Belegte Sarggeburt in Deutschland – im Jahr 1972 entdeckt

Schwangere Verstorbene wurden wie andere auch bestattet. Wäre der Säugling nach der Geburt verstorben, hätte eine Doppelbeisetzung stattgefunden. So kam es bei späteren Exhumierungen, wenn auch extrem selten vor, dass Überreste von Föten bzw. Säuglingen zwischen den Beinen ihrer verstorbenen Mütter gefunden wurden. Der letzte bekannte Fall in Deutschland stammt aus dem Jahr 1972. Die verstorbene Frau aus einer Stadt in Rheinland-Pfalz konnte identifiziert werden, denn es existierten sowohl ein Eintrag im Sterberegister als auch ein Grabstein. Sie war 1871 beigesetzt und nur 21 Jahre alt worden. Auf dem Grabstein war lediglich der Name der Frau vermerkt. Demzufolge muss eine Sarggeburt stattgefunden haben.

Da Sarggeburten für die auffinden Personen und die Hinterbliebenen beängstigend und unheimlich sind, ranken sich um das Thema zahlreiche Mythen und Gruselgeschichten. So wird von vermeintlich toten Säuglingen berichtet, die sich bereits im Leichenschauhaus befanden, und dann plötzlich wimmerten (zum Beispiel ein Fall in Argentinien). Das Kind war gar nicht tot, die Ärzte hatten seinen Tod fälschlicherweise festgestellt. Auch das sind unfassbare Vorkommnisse, die einer genauen Aufklärung bedürfen. Bei einer Sarggeburt sind Mutter und Kind bereits tot. Es ist unmöglich, dass eine tote Frau aus eigener Kraft ein lebendes Kind zur Welt bringt. Allerdings macht die moderne Medizin einiges möglich: Je nach Entwicklungsstufe des ungeborenen Kindes und mithilfe neuester Medizintechnik würden Ärzte heute versuchen, das Ungeborene zu retten, wenn es im Mutterleib noch lebt. Doch noch vor 150 Jahren waren solche Möglichkeiten unvorstellbar.

Autor: Pierre von BedeutungOnline

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