Genau wie der „Arschbohrer“ entwickelt sich auch das vermeintlich harmlose Spiel „Scheidenbohrer“ zu einem TikTok-Trend, der gefährliche Züge annimmt. Niemand weiß genau, woher der Trend kommt.
Was genau ist der „Scheidenbohrer“?
Es handelt sich um ein Spiel unter Kindern und Jugendlichen, bei dem die Intimsphäre des Gegenübers verletzt wird. Eine Person versucht, mit dem Zeige- oder Mittelfinger von vorne zwischen die Beine des anderen zu gelangen und den Scheidenbereich zu berühren. Eine dritte Person filmt die Handlung mit ihrem Handy und lädt das Video anschließend auf TikTok oder anderen Social-Media-Plattformen hoch.
Mittlerweile existieren auf TikTok zahlreiche Videos zu diesem vermeintlichen Spaß, der das Private öffentlich macht und schädliche Auswirkungen für die Betroffenen hat. In einem extremen Fall (Landkreis Ludwigsburg im Juni 2023) wurde sogar berichtet, dass Kinder an einer Grundschule Stöcke benutzt haben (SWR).
Der Überraschungseffekt ist der eigentliche Sinn
Selten weiß das ausführende Kind, dass es sich um einen sexualisierten Übergriff handelt, der sogar strafrechtlich relevant sein kann. Es hat keineswegs im Sinn, eine andere Person sexuell zu belästigen, sondern ist in erster Linie auf die überraschte Reaktion fixiert. Sie findet es allenfalls belustigend und genießt die Aufmerksamkeit der Gruppe, die die ganze Handlung beobachtet und mit Beifall kommentiert.
Scheidenbohrer: Was der Übergriff beim Opfer bewirkt
Diejenigen, denen das „Scheidenbohren“ widerfährt, sind ahnungslos und werden durch den Übergriff nicht nur in ihrer Intimsphäre verletzt, auch die seelischen Folgen sind oft verheerend. Einerseits erschrecken sie heftig, zum anderen fühlen sie sich vollkommen hilflos und werden auch noch ausgelacht. Das macht die Demütigung besonders schlimm. Eine solche Handlung kann die gleichen psychischen Folgen wie eine Vergewaltigung haben.
Die Betroffenen entwickeln großes Schamgefühl und wagen es nicht, eine Vertrauensperson einzuweihen. Oft schränken sie sogar die eigene Bewegungsfreiheit ein, um möglichen Übergriffen zu entgehen (beispielsweise gehen sie in der Pause nicht mehr auf den Schulhof).
Warnungen auf Aufklärungsportalen
Der körperliche Übergriff ruft nicht nur Aufklärungsportale, sondern mittlerweile auch Politiker auf den Plan. Auch die Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz sieht den Trend als problematisch an. Sie befürchtet, dass Kindern und Jugendlichen das Gefühl dafür, was gesellschaftlich in Ordnung ist und was nicht, abhandenkommt. Daher sollte das extrem übergriffige Spiel „Scheidenbohrer“ unterbunden werden.
Problematisch ist auch die Tatsache, dass das Internet nichts vergisst und die meisten Opfern große Schwierigkeiten haben, rufschädigende oder in anderer Weise verletzende Videos später aus dem Internet entfernen zu lassen. Den Ausführenden dieser „Streiche“ ist nicht klar, dass jeder Mensch ein Recht auf körperliche Selbstbestimmung hat und nur selbst darüber bestimmen darf, ob und welche Bilder und Videos von ihm im Netz kursieren.
Scheidenbohrer: Können Eltern etwas dagegen tun?
Sollten Eltern verdächtige Beobachtungen machen oder ihr Kind ihnen davon berichten, ist der erste Weg zur Schulleitung. Auch wenn das Kind sich plötzlich verändert, zum Beispiel überaus schweigsam wird, wenn es vorher ganz normal kommuniziert hat, sollten sie hellhörig werden und intensiv, aber einfühlsam nachfragen. Sexuelle Übergriffe wie „Scheidenbohrer“ entstehen größtenteils aus einem Gruppenzwang heraus.
Eltern sollten ihren Einfluss dahingehend geltend machen, dass sie ihre Kinder über übergriffiges Verhalten aufklären und deren Selbstbewusstsein stärken, sodass die Kinder leichter gegen die Anführer der Gruppe wehren können. Mittlerweile gibt es auch private Initiativen sowie Vereine, die Kurse zur Stärkung des Selbstbewusstseins von Kindern und Jugendlichen anbieten. Eine Teilnahme ist durchaus sinnvoll.