Was ist das Herzschlag-Gesetz? Bedeutung, Definition, Erklärung

Was ist das Herzschlag-Gesetz, Bedeutung, Definition, Erklärung


Als sogenanntes „Herzschlag-Gesetz“ wird das seit dem 1. September 2021 geltende Abtreibungsgesetz in Texas bezeichnet. Es ist mit einer „Kopfgeldklausel“ verbunden, die eine Belohnung von bis zu 10.000 Dollar Personen verspricht, wenn unerlaubte Abtreibungen gemeldet werden.

Im Kern verbietet das Gesetz eine Abtreibung, sobald der Herzschlag des Fötus hörbar ist. Das ist etwa ab der 6. Schwangerschaftswoche der Fall, womit es das strengste Abtreibungsgesetz nicht nur in den USA, sondern weltweit ist. Zum Vergleich: In Deutschland und den meisten Staaten der Welt sind Schwangerschaftsabbrüche bis zur 12. Schwangerschaftswoche bzw. bei einer Berechnung nach der letzten Menstruation sogar etwa bis zur 14. Schwangerschaftswoche erlaubt.

Kritik am Herzschlag-Gesetz

Kritiker monieren vor allem den Fakt, dass die meisten Frauen zum Zeitpunkt der 6. Schwangerschaftswoche noch nichts von ihrer Schwangerschaft wissen. Es gibt noch weitere Kritikpunkte. Zu diesen gehören die Kopfgeldklausel und fehlende Ausnahmen im Gesetz bei Vergewaltigung und Inzest. Die demokratische US-Regierung unterstützt die Kritiker. Dementsprechend gab es im Herbst 2021 andauerndes juristisches Hickhack um das Gesetz.

Juristische Maßnahmen gegen und für das Herzschlag-Gesetz

Kurz vor dem Inkrafttreten des Gesetzes am 01.09.21 hatte es eine untere Gerichtsinstanz zunächst blockiert, doch ein Berufungsgericht hob dieses Urteil auf. Danach landete der Fall beim Supreme Court, dem obersten Gericht der USA. Für dessen Entscheidungen in der Sache gibt es Vorlagen, so das Verfahren „Roe gegen Wade“, das im Jahr 1973 zu einem Grundsatzurteil geführt hatte. Der Supreme Court hatte damals entschieden, dass ein staatliches Gesetz gegen Abtreibungen gegen die US-Verfassung verstößt. In der Folge waren in fast allen US-Bundesstaaten Schwangerschaftsabbrüche mit nur wenigen Einschränkungen erlaubt.

Allerdings galt „Roe gegen Wade“ seither zu den in der Gesellschaft am heftigsten umstrittenen Entscheidungen der obersten US-Gerichtsinstanz. Das ist nicht verwunderlich: Überall in der Welt wird um diese Thematik gestritten. Der Supreme Court der 1970er-Jahre war unter der Leitung seines Vorsitzenden Warren E. Burger mehrheitlich liberal besetzt. Diese liberale Richtermehrheit gibt es im Supreme Court heute nicht mehr, denn nach den Ernennungen durch den letzten Präsidenten Donald Trump werden sechs von neun Richter*innen dem konservativen Lager zugerechnet. Die Ernennung für den Supreme Court gilt auf Lebenszeit. In den USA droht daher ein Rückschritt auf diesem juristischen Gebiet.

Die „Washington Post“ analysierte im Herbst 2021, dass Abtreibungen in 65 Ländern fast durchweg bis zur SSW 12 legal sind und in Ausnahmefällen (bei gesundheitlichen Indikationen) auch danach erlaubt werden. Die US-Bundesstaaten haben zwar leicht abweichende Gesetze, doch bislang galten diese als überwiegend sehr liberal. Nachdem Texas nun mit seinem Herzschlag-Gesetz in die Gegenrichtung vorpreschte, denken die republikanischen Regierungen von Ohia, Florida und weiteren Bundesstaaten ähnliche Gesetze an. Das wäre global bemerkenswert: Von 53 Staaten, in denen es seit 1994 bedeutende Änderungen im Abtreibungsrecht gab, wurden die Gesetze lediglich in Polen, Nicaragua und El Salvador strenger. Nachdem nun das Gesetz im Oktober 2021 beim Supreme Court gelandet war, rüttelte dieser zunächst (und erwartungsgemäß) nicht daran. Er setzte allerdings eine Anhörung für den 1. November 2021 an. Was danach entschieden wird, können wir mit derzeitigem Stand vom 26.10.21 noch nicht wissen.

Position der Biden-Regierung

Die demokratische US-Regierung unter Joe Biden hat beim Supreme Court beantragt, das Herzschlag-Gesetz auszusetzen. Diesen Antrag lehnten die obersten Bundesrichter ab. Die liberale Bundesrichterin Sonia Sotomayor positionierte sich allerdings in einer von der Mehrheit ihrer Kolleg*innen abweichenden Meinung gegen diese Entscheidung. Sie forderte, den betroffenen Frauen zu helfen und äußerte gleichzeitig die Befürchtung, dass für einige von ihnen die Hilfe zu spät kommen könnte. Dennoch begrüßte sie die für den 01.11.21 angesetzte Anhörung. Die US-Regierung unter Joe Biden war schon vor ihrem Antrag beim Supreme Court noch einen Schritt weiter gegangen: Sie hatte den Bundesstaat Texas verklagt, war aber vor einem texanischen Gericht unterlegen. Die Bürgerrechtsorganisation ACLU hatte daraufhin vom Supreme Court gefordert, das Gesetz wenigstens bis zu einer Anhörung der Beteiligten zu blockieren. Dies war nicht geschehen. Nach jüngsten Meldungen liegen beim Supreme Court mit Stand Ende Oktober 2021 noch weitere Fälle zum Abtreibungsrecht. Daher dürfte er möglicherweise noch vor Jahresende 2021 richtungsweisende Entscheidungen fällen.

Autor: Pierre von BedeutungOnline

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