„Asyltourismus“ ist ein abwertendes politisches Schlagwort, dass auf mehrere Arten verstanden werden kann:
- Flüchtende wählen ihre Zufluchtsländer selbst
- Flüchtende, die schon in einem Land Asyl beantragt haben und/oder dort registriert sind, ziehen in ein anderes Land und beantragen dort erneut Asyl
- Flüchtende versprechen sich in einem EU-Land Urlaub, finanzielle Unterstützung und (medizinische) Versorgung
Der Ausdruck „Asyltourismus“ setzt sich aus den Worten „Asyl“ und „Tourismus“ zusammen.
- Asyl bedeutet: temporäre Aufnahme Verfolgter und Schutz vor Gefahr oder Verfolgung bieten
- Tourismus bedeutet: Reisende, die fremde Länder freiwillig und gezielt besuchen, kennenlernen und sich temporär zur Erholung in diesen aufhalten. Der Reisende wird auch „Tourist“ genannt.
Während Asyl für Menschen ist, die unfreiwillig wegen Gefahren oder Verfolgung ihr Land verlassen mussten, so verlassen Touristen freiwillig ihr Land. Touristen besuchen gezielt andere Länder, erkunden diese und verbringen dort Zeit zur Erholung. Nach einer gewissen Zeit kehren sie in ihr Heimatland zurück.
Kritik am Begriff Asyltourismus
Kritiker sehen im Wort Asyltourimus einen Vergleich von Flucht mit Urlaubsreisen, wodurch eine Flucht vor Gefahren mit den Vorstellungen einer Ferienreise verbunden werden. Damit werden die Gefahren vor denen Flüchtende fliehen, relativiert und umgedeutet.
Außerdem soll mit dem Ausdruck „Asyltourismus“ Flüchtlingen unterstellt werden, dass sie zum Spaß nach Deutschland kommen, sowie wird Flüchtlingen unterstellt, dass sie sich den attraktivsten Ort zum Stellen des Asylantrages aussuchen. Damit wird ihnen unter anderem unstellt, dass sie die deutschen Sozialsystem ausnutzen wollen.
Der Begriff „Asyltourismus“ vermittelt auch den Eindruck, dass Flüchtlinge sich auf die Reise nach Europa (und zum Teil nach Deutschland) zum Spaß und auf Kosten der Allgemeinheit begeben.
Geschichte des Ausdrucks „Asyltourismus“
2018: Asyltourismus
Der bayrische Ministerpräsident Markus Söder verwendete den Ausdruck 2018 in der Debatte, um Zuwanderung von Flüchtlingen. Mit dem Ausdruck „Asyltourismus“ bezog er sich auf Asylsuchende, die sich das Land in dem sie ihren Asylantrag stellen wollen, selbst aussuchen wollen. Dies ist nach aktuellen gesetzlichen Grundlage rechtlich nicht möglich. (Anmerkung: Laut den Dublin-Regeln muss der Asylantrag in dem EU-Land gestellt werden, in dem ein Flüchtling zum ersten Mal europäischen Boden betritt.)
Auch Horst Seehofer in der Talkshow Maischberger am 27. Juni 2018 den Begriff „Asyltourismus“. Auch der bayerische Innenminister Joachim Herrmann hatte in einem Handelsblatt-Interview den Ausdruck „Asyltourismus“ verwendet.
In einem Tweet verwendete Söder eben falls den Ausdruck „Asyltourismus“ und forderte, dass Deutschland endlich seine Grenzen wirksam sichern sollte: Quelle: Externer Link zum Tweet von Markus Söder: hier.
2014: Asyltourismus
Die NPD verwendet den Ausdruck „Asyltourismus“ auf ihrer Webseite. Quelle: Externer Link zum Beitrag „Steuern steigen nicht? Dafür aber die Sozialbeiträge!“ auf npd.de: hier.
In der Pressemitteilung des Bayerischen Staatsministerum des Innern und für Integration sagte der bayrische Innenminister Joachim Herrmann, dass es höchste Zeit sei, dass Italien auf die bayerische Kritik höre und besser gegen den Asyltourismus vorgehe. Quelle: Externer Link zur Pressemitteilung „Verstärkte Kontrollen gegen illegale Migration“ auf www.stmi.bayern.de: hier
2012: Asyltourismus
2012 veröffentlichte das Flensburger Tageblatt einen Beitrag, in dem geschrieben stand, dass zwei Asyltouristen der Bundespolizei ins Netz gegangen seien. (Beitrag ist nicht mehr online)
Auf der Homepage der NPD Sachsen sagte Mario Löffler 2012, dass es dem Orts- und Kreisverband der NPD immer wieder gelungen sei öffentlich in Erscheinung zu treten, entweder durch Plakataktionen zur Rettung der Mittelschule in Neustädtel oder gegen Asyltourismus. Quelle: Externer Link zum Beitrag „Jahreshauptversammlung mit Neuwahl des NPD-Kreisvorstandes im Erzgebirge“ auf npd-sachsen.de: hier
2003: Asyltourismus
Die Schweizer Volkspartei benutzt den Ausdruck „Asyltourismus“ in ihren Printmaterialien und auf ihrer Webseite. Beispiele:
- Externer Link zu SVP-PDF „Schluss mit Gewalt und Drogen an unseren Schulen“: hier (Das Veröffentlichungsdatum des PDF ist unbekannt.)
- Externer Link zum Beitrag “ Was bedeutet Opposition?“ auf svp.ch: hier
1992: Asyltourismus
Der SPD-Abgeordnete Jochen Welt kritisierte im Bundestag, dass das gesellschaftliche Klima in Wahlkämpfen durch Schlagworte wie Asyltourismus, Wirtschaftsschmarotzer und ähnlichem vergiftet werde. Quelle: Externer Link zum „Deutscher Bundestag – Stenographischer Bericht 96. Sitzung“ – Seite 22: hier.
1988: Asyltourismus
1988 sprach der Parlamentarische Staatsekretär Dr. Horst Waffenschmidt davon, dass die freie Wahl des endgültigen Zufluchtslandes von allen westeuropäischen Staaten als inakzeptabel und als Asyltourimus abgelehnt wird. Quelle: Externer Link zum „Deutscher Bundestag 11. Wahlperiode – Drucksache 11/2900“ – Seite 12: hier.
1985: Asyltourismus
Der CDU-Abgeordnete Rolf Olderog bezeichnete im Bundestag die Wanderung von Ausländern von einem europäischen Staat zu einem anderen europäischen Staat mit der Absicht sich dort als Verfolgter zu melden, in der Hoffnung das Lebensumstände günstiger sind, als Asyltourismus. Quelle: Externer Link zum „Deutscher Bundestag – Stenographischer Bericht 163. Sitzung“ – Seite 38: hier.
1978: Asyltourismus
Der SPD-Abgeordnete Reinhard Bühling sprach im Bundestag davon, dass die große Masse an Asyltouristen wirklich Asylbedürftige in Gefahr geraten, lange hingehalten und mit Misstrauen betrachtet zu werden. Quelle: Externer Link zum „Deutscher Bundestag – Stenographischer Bericht 101. Sitzung“ – Seite 18: hier.