Paper Hands sind Anleger bzw. umschreibt begrifflich das Verhalten von Anlegern, die Aktien nicht lange halten. Sie sind das Gegenteil von Diamond Hands, die mit diamantener Härte an einer Aktie festhalten, von der sie überzeugt sind. Die Begriffe der „schwachen“ und „starken“ Hände gibt es schon ewig. Dass man sie nun Paper & Diamond Hands nennt, hat etwas mit dem Slang einer blutjungen Generation von Onlinetradern zu tun.
Was bedeutet „Paper Hands“? Bedeutung, Definition, Erklärung
Wir verstehen sie am ehesten über ihr Gegenteil, die Diamond Hands. Diese Anleger, von denen einige Milliardäre wurden, identifizieren sehr gründlich unterbewertete Aktien mit hohem Kurssteigerungspotenzial, kaufen sie und lassen sich anschließend von Marktschwankungen bis hin zu Crashs nicht erschüttern. Das ist insofern gerechtfertigt, weil wirklich gute Werte im Durchschnitt und über lange Zeiträume tatsächlich steigen. Allerdings gehören dazu einige Rahmenbedingungen, die man kennen muss. Dies sind
- a) fundamentale Kennzahlen (KGV, KBV, KUV, EKQ und mehr),
- b) die Aufstellung des Unternehmens inklusive seines Managements,
- c) die Branche und
- d) das Marktumfeld.
Bei aller Expertise und allem gründlichen Research funktioniert die Strategie der Diamond Hands dennoch nicht immer, manche Aktien fallen. Einige der präferierten Unternehmen schlittern sogar in die Insolvenz. Insgesamt gehört daher zum Erfolg mit Diamond Hands auch eine relativ breite Diversifizierung, damit am Ende genügend Gewinneraktien übrig bleiben. Paper Hands nun misstrauen diesem Ansatz entweder generell oder halten ihn emotional und/oder hinsichtlich ihres Kapitals nicht durch. Weil das Halten von Aktien mit Diamond Hands nur mit einer gewissen Diversifizierung funktionieren kann, ist hierfür auch ein gewisser Kapitalstock erforderlich.
Wenn nun Anleger nur eben mal auf eine vereinzelte vermeintliche Gewinneraktie setzen und dann bei dieser Kursschwankungen beobachten, können sie schnell dazu tendieren, das Asset mit schwachen Händen oder eben Paper Hands wieder zu verkaufen. Auch hohe Gewinne verkaufen sie relativ schnell. Sie nehmen, was sie kriegen können, doch sie halten nicht. Ihre Hände sind zum Halten nicht geeignet, es sind Hände aus Papier.
Siehe auch: Was bedeutet „Diamond Hands“?
Warum gibt es die Diskussion um Diamond und Paper Hands?
Das Verhalten der Anleger wirkt kursbeeinflussend. Wenn Paper Hands die Aktien nach einer kurzen Steigerung schnell wieder verkaufen, sinkt der Kurs, worüber sich die Diamond Hands gelegentlich ärgern. Die Gelasseneren unter ihnen nehmen den Effekt aber hin: „Die schwachen Hände haben verkauft, doch das ist nur vorübergehend“, heißt es dann aus diesen Kreisen. Sie nutzen den Kursrückgang zum Aufstocken der Position. Das machen sogar gelegentlich die Paper Hands, um nur umso schneller wieder zu verkaufen, was den Kurs auf eine Achtbahnfahrt schicken kann. Prekär wirken Paper Hands im Falle eines sehr deutlichen Rückgangs: Sie tendieren dann zu Panikverkäufen, was einen Crash auslösen kann. Grundsätzlich sind
- Diamond Hands Anleger mit gründlichem Research und starken Nerven sowie
- Paper Hands Anleger mit weniger gründlichem Research und schwachen Nerven.
Paper Hands lassen sich an der Börse von Gerüchten leiten und laufen oft den Anlageentscheidungen der Diamond Hands hinterher. Das wäre an sich noch nicht schlecht, wenn sie nicht bei jeder Kursschwankung verkaufen würden.
Sind Paper Hands per se zu verurteilen?
Nein. Börsen laufen manchmal seitwärts und fallen manchmal auch über längere Zeiträume. Es gibt Börsenjahre, in denen auch der Kurs großer Indizes am Jahresende niedriger steht als im Januar. Das ist zwar selten und meistens nur nach zwischenzeitlichen Crashs der Fall, doch es gibt solche Jahre. Die Paper Hands dürfen also mit einigem Recht auch kurzfristiger agieren. Prinzipiell beschädigen sie damit am ehesten ihr eigenes Portfolio, denn die vielen Käufe und Verkäufe (davon etliche mit Verlust) dienen nicht dem nachhaltigen Aufbau eines Portfolios. Es gibt aber für solche Anleger Alternativen, die wir im nächsten Abschnitt aufzeigen.
Wo sind Paper Hands am besten aufgehoben?
Paper Hands repräsentieren einen Anlegertypus, der eher nicht langfristig denkt und manchmal die Börse tagtäglich, teilweise sogar über viele Stunden (oder im Handelsverlauf immer wieder) beobachtet. Das Halten von Aktien ist für sie möglicherweise nicht die richtige Strategie. Dieses kann natürlich höchst gewinnträchtig sein. Wer heute 30 Jahre oder jünger ist und mit Aktien für seine Rente vorsorgen will, kann im Grunde darauf vertrauen, dass er sein Kapital in den nächsten 40 Jahren vielleicht um den Faktor 30 vermehrt (aus gegenwärtig angelegten 1.000 Euro würden dann 30.000 Euro).
Der Dax stand im Jahr 1980 zurückgerechnet bei rund 500 Punkten (es gibt ihn offiziell erst seit 1988), im September 2021 sind es über 15.000 Punkte. Doch Paper Hands mögen so nicht denken bzw. können so nicht fühlen. Sie sind nicht imstande, ihr Geld im Schlaf zu verdienen, wie es kürzlich erst der steinalte Großinvestor Warren Buffett formulierte. Möglicherweise wollen sie auch nicht mit Aktien für die Rente vorsorgen, weil sie beispielsweise nicht mehr 30 Jahre oder jünger sind, weil sie auf einen sehr kurzfristigen Supergewinn hoffen und/oder weil sie ganz andere, höchst interessante Möglichkeiten an der Börse entdecken. Dies wäre etwa der Handel mit Derivaten. Diese bilden Kursbewegungen gehebelt ab und können sich an einem einzigen Tag um 100 Prozent (und mehr) bewegen. Sie können als Put-Optionen auch bei fallenden Kursen gewinnen. Man kann mit ihnen den Kursen in jede Richtung folgen. Auch ist der Handel mit sehr geringem Kapitaleinsatz von 100 Euro oder noch viel weniger möglich. Diese Anlageinstrumente eignen sich für das Daytrading oder das sehr kurzfristige Positionstrading über einige Tage oder höchstens Wochen.
Daytrading für Paper Hands
Zunächst einmal relativiert sich bei diesen Tradingmodellen die Begrifflichkeit: Die Paper Hands sind dann durchaus keine schwachen Hände mehr, was schließlich negativ assoziiert ist, sondern entscheidungsstarke Trader, die kurzfristig auf die wechselnden Marktsituationen reagieren. Allerdings erfordert das kurzfristige Agieren hohe Flexibilität, nebenher ein leistungsstarkes technisches Equipment und eine höchst zuverlässige Internetverbindung sowie einen zuverlässigen Broker mit möglichst geringen Ordergebühren.
Daytrader beobachten die kurzfristigen Intraday- und Wochenchartmuster und leiten daraus ab, in welche Richtung sich der Kurs innerhalb der nächsten Minuten und Stunden entwickeln könnte. Sie setzen Kaufstopps für Call- und Put-Derivate, verfolgen genauestens das Einstoppen ihrer Position (was permanente Marktbeobachtung oder die Benachrichtigung über ein akustisches Signal erfordert) und setzen nach dem Einstoppen einen gut berechneten Stopploss, der zum Ausstoppen ihrer Position an einem definierten Punkt führt. Anfänglich befindet sich der Stopploss leicht im Verlust, bei guter Kursentwicklung dann im Gewinn. Daytrader möchten eine Entwicklung sehr schnell sehen. Auf jeden Fall verlassen sie zum Handelsschluss (20.00 bis 22.00 h) die Position.
Einige von ihnen werden zu Scalpern und halten Positionen nur über Sekunden bis höchstens zu Minuten, sie scalpen kleine Kursbewegungen weg. Dahinter steckt eine ganz bestimmte Mentalität, die eigentlich auch die von Paper Hands ist: Diese Personen wollen nicht geduldig auf eine Entwicklung warten, die sie nicht beeinflussen können. Dieser Zustand ist für sie unerträglich. Sie wollen handeln.
Ist beides möglich – langfristig Anlage und Daytrading?
Diese Sorte gleichzeitiger Anleger und Trader gibt es, doch sie ist selten. Anlage- und Handelsentscheidungen haben sehr viel mit der eigenen Persönlichkeit zu tun. Wer sehr gern kurzfristig handelt, lässt sehr ungern Aktien mit Diamond Hands ewig liegen.